Es wäre mehr als vermessen gewesen, den FC Salzburg aus der Favoritenposition heraus ins Champions-League-Duell mit Real Sociedad zu schicken. Andersherum: Es wäre eine Zumutung – für beide Teams. Die mit dem doppelten Bullen-Marktwert ausgestattete Mannschaft aus San Sebastián begann mit vier spanischen Teamspielern und zeigte sogleich, dass mit ihr nicht zu spaßen ist. Mikel Oyarzabal, der Kapitän, gab dem Ball die Schleife und überlistete damit die Salzburger Abwehr und den verdutzten Torhüter Alexander Schlager (7.). Spätestens von diesem Moment an war allen Augenzeugen klar: Das wird eine komplizierte Angelegenheit.

Der Eindruck verstärkte sich 20 Minuten später, als die Gastgeber einander so sehr blindes Vertrauen schenkten, dass sie die Basken zu einem Konter einluden, den sie gar nicht ausschlagen konnten. Brais Mendez entschied sich bei drei gegen eins für den Alleingang. Das 0:2 brannte Trainer Gerhard Struber die Wut ins Gesicht. Nun galt es nämlich, einen Schockzustand zu überwinden. Das gelang nicht, auch weil der Referee kurz nach der Pause eine Elfer-Entscheidung via VAR zurücknahm. Roko Simic war zu Fall gekommen.

Dabei hatte der frühe Rückstand die Hausherren nicht sofort aus dem Konzept gebracht. Der Ausgleich hätte umgehend passieren können, ja müssen. Aber Karim Konate machte es aus vollem Lauf umständlich und versuchte einen Kunstschuss. Warum nur, warum? Dann hätte bei einer Notbremse von Le Normand gegen Simic über Rot nachgedacht werden können (15.). Der Kroate wäre auf und davon gewesen. Das geschah nicht. Mehr Chancen wurden den Gastgebern in Hälfte eins von den abgeklärten Spaniern nicht mehr gewährt. Real Sociedad wirkte souverän, bestach durch grandiose Aufteilung des Raumes und gab der Salzburger Jugend keine Möglichkeit zur Entfaltung. Das Spiel verlief ganz nach dem Geschmack der auch spielerisch auftrumpfenden Gäste, weil sie der Partie die reife Note verliehen. Der Bewerb heißt nicht umsonst Champions League.

Nach der Pause stark verbessert

Die an drei Positionen veränderten sowie schuld- und pflichtbewussten Salzburger bemühten sich nach der Pause um die Ausarbeitung ihres Potenzials, ihr Spiel sah fortschrittlicher aus. Für einige Minuten schien auch der Gegner ein wenig aus dem Takt zu geraten, aber der Entwicklung der Heim-Mannschaft fehlte zur Vollendung der letzte Punch. Irgendwann geht auch der Glaube an die Wende verloren.
Der Abend war mit einem Rückschlag verbunden, aber er lieferte Material für den Salzburger Reifeprozess.

"Wir haben in der ersten Halbzeit nicht mutig genug gespielt, dann bekommst du gegen so eine Mannschaft direkt die Rechnung präsentiert", sagte Salzburg-Torhüter Alexander Schlager nach dem Spiel. Sein Vordermann in der Abwehr, Samson Baidoo, stimmte zu: "Sie hatten große Qualität und bei uns hat die Intensität und die Aggressivität gefehlt, wir waren immer zu spät am Ball und sie hatten viel zu viel Platz."