Liebe Gäste!

Der Styrian Sports Award, also der steirische Sportlerpreis 2014, geht heuer an einen jungen Mann. An einen 21-jährigen Steirer, der in seinem Leben noch nie einen einzigen Cent mit dem Sport verdient hat. Er war auch noch nie bei Olympischen Spielen oder bei Weltmeisterschaften oder anderen sportlichen Großereignissen. Trotzdem gibt es kaum eine Zeitung auf dieser Welt, die nicht über ihn berichtet hätte. Von Australien bis Japan, von Kanada bis Südafrika. Die brasilianische Zeitung „El Globo“ schrieb beispielsweise, ich zitiere: „Dieser junge Mann zeigt, dass man einen Traum verwirklichen und einen Kampf gewinnen kann, wenn man nur will.“ Der italienische „Corriere della Sera“ schrieb: „Es ist eine Revolution, dieser Bursche setzt ein Zeichen des Wandels in der Welt.“ „Die Welt“ berichtete in einer großen mehrseitigen Reportage, ich zitiere: „Es ist ein Leben, in dem es krasse Tiefen gibt und Höhen. Höhen, die dieser Österreicher noch ein bisschen höher bewertet, damit die Tiefen nicht so schlimm sind. Eine Tiefe ist, dass er einen Fuß verloren hat. Eine Höhe, dass er trotzdem Fußball spielen kann, mit einer Prothese. Er ist der Erste, der das macht. Der Fußball bedeutet Hoffnung für ihn, und die braucht er.“ Zitat Ende. Der Styrian Sports Award geht also an einen jungen Steirer, der als erster Fußballer weltweit ein reguläres Meisterschaftsspiel mit Beinprothese bestreiten durfte. Etwas, was in den Statuten und Regularien dieses Sports nicht vorgesehen ist und war. Ein Traum, den unser heutiger Preisträger in zähem Ringen mit allen Verbänden und Instanzen wahr gemacht hat.


Im November 2011 war ein – und jetzt folgt die Gegenblende – bösartiges Gewächs diagnostiziert worden, vier Chemotherapien folgten und im Mai 2012 musste ihm der rechte Unterschenkel abgenommen werden. Zunächst waren es nur Schmerzen im Fuß, die immer schlimmer wurden, bis dann die Diagnose folgte: ein dreizehn Zentimeter großer, bösartiger Tumor auf der Fußsohle. Die Nacht vor der Operation, erzählt unser heutiger Preisträger, sei die schlimmste Nacht seines Lebens gewesen. Er sagt: „Die Schmerzen waren so groß, dass es eine Erlösung war, als sie mir den Fuß abgenommen haben.“ Und später fügte er scherzhaft hinzu: „Bei diesem Fuß brauche ich mir, Gott sei Dank, keine blöden Socken mehr anzuziehen.“ Der Humor half ihm bei seinem Kampf, er war sein wichtigster Gefährte, mit ihm spielte er Doppelpass. Zwei Monate nach der Amputation im Mai 2012 bekam er seine erste Prothese. Nach kurzen Anlaufschwierigkeiten machten sich bei der Reha gleich große Schritte bemerkbar. Der nächste Motivationsschub war, dass sein Zimmerkollege den Kontakt zu Matthias Lanzinger vermittelte, der, wie Sie alle wissen, nach einer Unterschenkelamputation dank Prothese im Behindertensport weiter aktiv sein konnte und kann. Und auch erfolgreich sein kann.

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Es war ein bewegender Moment für den jungen Steirer. Lanzinger hatte ihm sehr viele Tipps und Ermutigungen gegeben, diese Begegnung war Vitamin für ihn. Im September 2012 hatte der Landmaschinenmechaniker-Lehrling ein unvergessliches Erlebnis. Er ist erstmals wieder gelaufen und sagte damals: „Es ist ein unbeschreibliches Glücksgefühl.“ Der nächste Schritt folge zwangsläufig, nämlich jener zurück auf den Fußballplatz. Im Oktober war es so weit. In einem Testspiel feierte der Stürmer sein Debüt mit der Sportprothese. Er hat auch bald ein Tor geschossen. Er sagte: „Die Prothese ist Teil von mir, sie behindert mich nicht und behindert auch sonst niemanden.“
Die Instanzen und Verbände hatten das zunächst anders gesehen. Sie verwehrten ihm mit dem Hinweis auf die geltenden Bestimmungen die Spielgenehmigung für den Meisterschaftsbetrieb. Der Spieler, der nicht spielen durfte, sagte: „Es ist brutal, wenn man hart trainiert, Tag für Tag, und dann in der Liga nur zuschauen kann.“ Der Spieler, der nicht spielen durfte, hat nicht aufgegeben. Es folgte ein Ansuchen beim Fußball-Weltverband FIFA, der als oberste Instanz eine Entscheidung treffen musste. Im Mai letzten Jahres dann die Frohbotschaft, der 21-Jährige erhielt als erster Spieler mit einer Beinprothese die Spielberechtigung für die Meisterschaft. Zum ersten Heimspiel für seinen Verein Miesenbach kam die ganze Gemeinde. Nach dem Spiel trugen sie ihn, trugen ihn seine Mitspieler auf den Schultern über den Platz. Menschen waren dort, die zuvor noch nie ein Fußballspiel gesehen hatten. Die Zeitung „Die Welt“ aus Berlin schrieb damals, ich zitiere: „In Österreich ist er schon so bekannt wie David Alaba vom FC Bayern.“ Zitat Ende. Das war zwar ein bisschen überhöht, aber ich finde, die Übertreibung ist schwer okay.


Dann folgte ein Rückschlag, die Krankheit hat ihn wieder vom Platz geholt. Er wurde wieder an der Lunge operiert. Trotzdem ist er heute hier unter uns. Und er weiß noch nicht, dass er jetzt gleich auf die Bühne kommen soll, er ist heute mit seiner Freundin hier. Er soll auf die Bühne kommen, um den Styrian Sports Award entgegenzunehmen. Wie ich meine, als Vorbild für Willenskraft und Zuversicht, als Vorbild für die Liebe zu Fußball und die Liebe zum Leben.
Der Sonderpreis der Kleinen Zeitung ergeht an den 21-jährigen Stürmer Martin Hofbauer vom Fußballklub Miesenbach.

Hubert Patterer