Hohe Berge, tiefe Täler und irgendwo hinter einem kleinen See im Kanton Graubünden liegt Davos. Aus dem Süden Vorarlbergs wohl schneller mit Schiern zu erreichen, als mit dem Auto. Nobel-Wintersportart und immerfort sprudelnde Quelle an Eishockey-Talenten. Ein Nachlass von Trainer-Legende Arno Del Curtos, er musste im Vorjahr seinen Platz als Zampano räumen. So wurde erst im April aus dieser Ecke Davos-Goalie Gilles Senn von den New Jersey Devils rekrutiert. Vor allem aber startet der Salzburger Benjamin Baumgartner bei den Bündnern so richtig durch. Seit sechs Jahren streift er das gelb-blaue Trikot über, der 19-Jährige ist längst einer von ihnen. Selbst was den Dialekt betrifft.

Heuer noch viel mehr. Nach 13 Partien liegt Baumgartner in der internen Scorerwertung auf Rang vier. Der Stürmer erzielte bisher sechs Treffer und leistete fünf Assists - in spielentscheidenden Situationen. "Es läuft super. Ich erhalte viel Eiszeit und viel Vertrauen von den Trainern", schwärmt er. Hauptsächlich spiele er mit Andres Ambühl, dem hochtalentierten Urgestein des Traditionsklubs. Viele würden sogar behaupten: der verhinderte NHL-Star. "Als Eingewöhnung zu Beginn der Saison habe ich mit Perttu Lindgren und Marco Wieser gespielt. Aber seit dem Wechsel zu Ambühl, werde ich wieder an meiner ursprünglichen Position als Center eingesetzt. Das fühle ich mich wohler." Das schlägt sich in Zahlen nieder. Zwei der sechs Treffer erzielte er im Powerplay und hält einen Schnitt von 0,92 Scorerpunkten pro Spiel. "Ich denke gar nicht an die Scorerpunkte, es passiert irgendwie von ganz allein."

Sorgsamer Umgang mit dem Juwel

Welches Juwel, die Davoser in ihren Reihen besitzen (Baumgartner spielt mit Schweizer Lizenz und zählt daher nicht als Ausländer), dürfte ihnen jedoch mehr als bewusst sein. Als er im Februar 2019 seinen ersten Profi-Vertrag unterschrieben hatte, der ihn dezidiert für die Erste vorsah etwa. Oder dass ihn HCD-Sportmanager Raeto Raffeiner dieses Mal nicht ins ÖEHV-Team einrücken. Schließlich gilt es für die Bündner, wo auch Thierry Bader (Sohn von Teamchef Roger Bader) agiert, in den nächsten Wochen und Monaten Spiele aufzuholen. Die Vaillant-Arena mit ihrer einzigartigen Holzarchitektur wurde umgebaut.

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So mussten die Davoser zu Saisonbeginn acht Partien in der Fremde absolvieren. Im Gegensatz zu Biel (Schneider, Ulmer) mit 20 Saisonspielen, hält Davos erst bei 13. Und zusätzliche Belastungen wie Schweizer Cup und Spengler Cup stehen an. Bei Baumgartner dürfte es ein Entweder-oder-Deal gewesen sein. Denn kurz vor Weihachten wird er Österreichs U20-Team bei der WM Division I in Minsk unterstützen.

Ob er keine Angst habe, den erarbeiteten Stammplatz zu verlieren? Baumgartner: "Die Trainer und der Sportchef haben mit mir gesprochen und mir zugesichert, dass ich problemlos dort spielen und dann wieder an meine Position zurückkehre. Vor Weihnachten sind dann ja nur noch ein paar Spiele und dann beginnt ja der Spengler Cup." Wo der gebürtige Zeller als gesetzt gilt.

Grünes Licht für Spengler Cup

Schon jetzt wirft eines der traditionsreichsten Eishockey-Turniere seine Schatten voraus. Baumgartner weiß, dass das im Ort Ausnahmezustand bedeutet. "Ich werde definitiv spielen, sofern ich gesund bleibe. Wahrscheinlich aber nicht alle Partien, weil wir im Jänner einen dichten Kalender haben."

Bei den Eidgenossen ist der ÖEHV-Stürmer längst kein unbeschriebenes Blatt mehr. Das Medieninteresse ist gestiegen: "Ich versuche alles rundherum auszublenden, das würde mich zu sehr ablenken. Ich will einfach spielen. Ambühl hilft mir dabei, mich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren." Und auch auf dem Eis erfährt er eine gestiegene Akzeptanz. "Die gegnerischen Spieler kennen mich bereits. Und die Fans, so denke ich, mögen mich auch - das gibt mir ein gutes Gefühl."

Schweiz begünstigt Baumgartner

Ein Manko, mit dem Baumgartner umgehen gelernt hat, sind seine Körpermaße. 176 Zentimeter und unter 80 Kilogramm bringt er auf die Waage - alles kein Problem versichert er, der ausgerechnet als Center viel gegen den Mann arbeiten muss. "Die National League ist eine laufstarke Liga, eigentlich begünstigt mich die schnelle Schweizer Liga. Hier wird nicht so viel auf Körper gespielt. Ich versuche mich mit Laufleistung und meinen technischen Fähigkeiten mich durchzusetzen." So sieht es vermutlich auch Mattias Tedenby, der Schwede ist teaminterner Topscorer mit neun Toren, sechs Assist bei 177 Zentimetern Körpergröße.

So etwas kümmert den Salzburger nicht. Was für ihn einzig und allein zähle, sei der sportliche Erfolg des HCD. Und da visieren die jungen Cracks um Baumgartner den Weg ins Play-off an. Mit insgesamt acht U24-Spielern im Kader - die Davoser Quelle scheint also nicht und nicht zu versiegen.