Leicht zu durchschauen ist der Modus der Nations League ja nicht.  Niemand wusste bei der Einführung vor vier Jahren so recht, was die UEFA mit diesem Turnier bezwecken will. Kritik kam von Trainern wie Jürgen Klopp ("sinnlosester Wettbewerb") abwärts. Mittlerweile hat sich das etwas sperrige Konstrukt etabliert, die bei Fans und Spielern unbeliebten reinen Freundschaftsspiele gehören zum Großteil der Vergangenheit an und der beim Finale ausgespielte Pokal steigert langsam seinen Stellenwert.

Aus österreichischer Sicht zählt vor allem eines: die Hintertür zu Großereignissen. Die Ausgangslage ist dafür als A-Nation (die höchste von vier Leistungsstufen) perfekt. Vergeigt Österreich erneut die reguläre Quali, bleibt über die Nations League die Chance auf ein Ticket für Deutschland 2024 erhalten. Die zwölf besten Teams dieses Bewerbs, die sich in ihren Gruppen nicht für die Euro qualifizieren, spielen um die drei verbleibenden Plätze. Gelost wird im Oktober, das Abschneiden in der Nations League beeinflusst die Setzung. Auch wenn in keinem der Bewerbe noch eine Minute gespielt wurde, kann man nach menschlichem und rechnerischem Ermessen sagen, dass Österreich als A-Nation im Play-off dabei sein würde.

Und das nicht zum ersten Mal. Schon für die Weltmeisterschaft in Katar lieferte das gute Abschneiden in der Nations League für die Elf von Franco Foda einen Plan B. Mit Platz vier hinter Dänemark, Schottland und Israel rückte die Endrunde schnell in weite Ferne. Im Play-off scheiterte man an Wales und Gareth Bale, der bei der 1:2-Niederlage in Cardiff Ende März beide Treffer erzielte.

So weit soll es unter Neo-Teamchef Ralf Rangnick aber gar nicht erst kommen. Der unter seinem Vorgänger erreichte Aufstieg in Liga A bietet in der dritten Auflage der Nations League sogar (theoretische) Chancen auf das Finalturnier der vier Gruppensieger. Realistischerweise wird die Vorgabe in einer Gruppe mit Frankreich, Dänemark und Kroatien eher Abstieg vermeiden lauten.

Für die Top-Nationen ist der Anreiz der Hintertür nicht ganz so hoch. Frankreich, Spanien oder Belgien haben keinen Zweifel daran, sich nicht schon so früh wie möglich einen der 24 Euro-Plätze zu schnappen. "Für mich ist das unbedeutend. Ich freue mich nicht darauf", lässt Man-City-Star Kevin de Bruyne keinen Zweifel daran, was er von der Nations League hält. Der Bewerb sei nicht viel mehr als "glorifizierte Freundschaftsspiele nach einer langen Saison". Verdenken kann man es dem 30-Jährigen nicht. Er hat in dieser Saison bereits 45 Spiele für seinen Verein bestritten.