Denn durch diese sei der "Jagddruck klar erhöht worden", konstatierte Geisler, der für Land- und Forstwirtschaft ressortzuständig ist, bei einer Pressekonferenz in Landeck. "Aufgrund dieser Regelung und der Verordnungen sind nämlich dutzende Jäger im Land unterwegs und die Wölfe ziehen sich deshalb zurück", skizzierte er die Auswirkungen der Verordnung, die von der schwarz-roten Landesregierung auf Schiene gebracht wurde. Bisher wurden drei Wölfe in Tirol erschossen, einer wurde überfahren. Insgesamt wurden nach dem rechtlich umstrittenen, neuen Regelwerk 16 Abschuss-Verordnungen erlassen.
Das allein reiche aber nicht aus, strich Geisler heraus. "Der Schutzstatus des Wolfes muss auf EU-Ebene gesenkt werden", wiederholte der Landeshauptmannstellvertreter eine Forderung, die von Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) abwärts immer wieder aus Tirol zu hören gewesen war. Auch der aus Tirol stammende Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) sprach sich mehrmals dafür aus. Zuletzt war diesbezüglich Anfang September Bewegung in die Sache gekommen. Die EU-Kommission überlegte Änderungen beim Schutzstatus von Wölfen in der EU, wollte aber noch mehr Daten zum Thema sammeln. "In Brüssel bewegt sich derzeit zweifellos etwas, zumal es in Teilen Europas auch Problemen mit Wölfen gibt," erklärte Geisler dazu.
Klar sei jedenfalls, dass es eine EU-weite Vorgehensweise in Sachen Wolf brauche, fügte der Landeshauptmannstellvertreter hinzu: "Von Seiten des Landes Tirol haben wir jetzt alle Möglichkeiten ausgereizt." Der Wolf mache aber definitiv nicht vor Grenzen halt und es müsse ein "europaweites Wolfsmanagement" auf Schiene gebracht werden, erklärte Geisler.
Auf Landesebene ging man unabhängig davon den Weg von Pilotalmprojekten mit Herdenschutz weiter, für die man im Jahr 2023 rund 430.000 Euro in die Hand nehmen werde, führte Geisler aus. "Bei den derzeit drei Projektalmen des Landes investieren wir beispielsweise in eine gelenkte Weideführung, ständige Behirtung sowie in wolfsabweisende eingezäunte Übernachtungsplätze", berichtete er. Dieser wichtige Mosaikstein im Umgang mit großen Beutegreifern sei aber nicht beliebig auf alle Tiroler Almen übertragbar, sagte Geisler: "Aufgrund der Lage von manchen Tiroler Almen ist das nur bei rund 50 Prozent machbar." Zudem kämpfe man mit Personalproblemen: "Zum Teil würden wir auch das dafür notwendige Personal nicht finden, denn der Fachkräftemangel spielt auch in diesem Bereich eine große Rolle."
Dem schlossen sich ebenfalls bei der Pressekonferenz anwesende Obmänner von drei "Pilotalmen" an, die über ihre Herdenschutzprojekte positive Bilanz zogen. "Es ist nicht ganz einfach, aber die Hirten und Hunde arbeiten gut", gab sich der Obmann der Alminteressensgemeinschaft Spisser Schafberg, Robert Hueber, optimistisch. Josef Gitterle, im Land Tirol zuständig für Herdenschutz, zog ebenfalls trotz aller Herausforderungen eine positive Bilanz: "Der Sommer verlief gut." Auch auf der Verwall Alm zeigten sich die Verantwortlichen zufrieden.
Das Raubtier Wolf lässt in Tirol wegen der zahlreichen Schafsrisse regelmäßig die Emotionen hochkochen. Auch von einer zunehmenden Verunsicherung in der Bevölkerung wegen Wolf (und Bär) ist immer wieder die Rede. Im Februar hatte der Landtag mehrheitlich eine Gesetzesnovelle beschlossen, die eine Tötung durch Verordnung und nicht mehr per Bescheid erlaubt. Vorangegangene Bescheide waren vom Gericht mehrmals aufgehoben worden, nachdem Umweltschutzorganisationen diese erfolgreich beeinsprucht hatten. Die Abschussverordnung gilt nunmehr generell für einen Wolf - und nicht für ein bestimmtes Individuum.
Die von Geisler als wichtiger Beitrag des Landes zum tirolweiten "Wolfsmanagement" bezeichnete Verordnungs-Regelung ist nicht unumstritten. Von Experten war etwa die Rechtmäßigkeit der von der schwarz-roten Landesregierung - und anderen Bundesländern - gewählten Vorgangsweise in Zweifel gezogen worden. Die beiden an der Uni Innsbruck lehrenden Europarechtler Walter Obwexer und Peter Hilpold hatten diese gegenüber der APA als eindeutig EU-rechtswidrig bezeichnet. Auch die Tiroler Koalitionäre selbst sprachen von einem "juristischen Grenzgang".