Der Plan zur Beendigung des russischen Angriffskriegs sei zu "90 bis 95 Prozent" beschlossen, hieß es bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Sonntagabend in Trumps Privatresidenz Mar-a-Lago (Florida). Die Gespräche sollten in der kommenden Woche auf Arbeitsebene fortgesetzt werden, hieß es.

"Ich glaube wirklich, wir sind wahrscheinlich viel näher (an einer Einigung) als jemals zuvor", sagte der US-Präsident. Erneut bescheinigte Trump dem russischen Staatschef Putin, der den Krieg vor fast vier Jahren begonnen hatte, Friedenswillen: "Alle wollen, dass es aufhört", sagte er, obwohl Russland erst am Samstag die ukrainische Hauptstadt Kiew erneut massiv mit Drohnen und Raketen angegriffen hatte. "Präsident Putin war sehr großzügig mit Blick darauf, dass die Ukraine Erfolg hat", sagte Trump und sprach von einer angeblichen Bereitschaft Moskaus, der Ukraine "Energie, Strom und andere Dinge zu sehr niedrigen Preisen zu liefern".

Gleichzeitig räumte auch der US-Präsident anhaltende Uneinigkeit zwischen Kiew und Moskau in Territorialfragen, etwa dem Status der ostukrainischen Donbass-Region, ein. "Es ist ungelöst, aber wir kommen dem Ziel viel näher", sagte Trump. "Das ist ein sehr schwieriges Thema, aber eins, das wir lösen können." Details nannte er nicht. Die kommenden Wochen würden zeigen, ob eine Lösung zur Beendigung des Ukraine-Kriegs erreicht werden könne: "Ich glaube, dass wir es in ein paar Wochen wissen werden, so oder so", sagte der US-Präsident.

Ein Frieden in der Ukraine rückt auch nach Angaben aus dem Kreml näher. Moskau stimme mit der Einschätzung von US-Präsident Trump überein, dass die Konfliktparteien sich einer Lösung angenähert hätten und die Verhandlungen sich in der finalen Phase befänden, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Nachrichtenagenturen zufolge. Dabei präzisierte er allerdings nicht, welche der Varianten eines Friedensplans Moskau derzeit mit Washington erörtert.

Die neue Version des US-Plans enthält 20 Punkte. Vorgesehen ist unter anderem ein Einfrieren des aktuellen Frontverlaufs. Die Ukraine würde demnach einen Teil ihrer Truppen im Donbass im Osten des Landes für die Schaffung einer entmilitarisierten Pufferzone zurückziehen - das bisher größte Zugeständnis Kiews in territorialen Fragen. Dieser weitreichende Schritt sollte laut Selenskyj in der Ukraine durch ein Referendum bestätigt werden.

Zwei Schlüsselforderungen Moskaus - der Rückzug der ukrainischen Truppen aus der gesamten ostukrainischen Donbass-Region und ein rechtlich bindender Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt - sind in dem Plan nicht enthalten. Die Gespräche über eine freie Wirtschaftszone im Donbass liefen weiter, sagte Selenskyj. Russland fordert den Abzug ukrainischer Truppen aus dem von der Ukraine kontrollierten Teil des Donbass.

Selenskyj sagte, er wolle ein Referendum über einen Friedensplan abhalten. Voraussetzung dafür sei eine Waffenruhe von mindestens 60 Tagen. Russland zeige, dass es keine Waffenruhe wolle. Er nannte Bedingungen für ein Treffen mit Russland. Dies sei erst möglich, wenn US-Präsident Trump und die europäischen Staats- und Regierungschefs einem von der Ukraine vorgeschlagenen Friedensplan zur Beendigung des russischen Krieges zugestimmt hätten.

Zudem hoffe er, dass ⁠die Partner der Ukraine vom Moment der Unterzeichnung eines Friedensabkommens an Sicherheitsgarantien geben würden. Selenskyj zufolge sieht der Entwurf eines Friedensabkommens US-Sicherheitsgarantien für 15 Jahre vor. "Ich habe ihm (US-Präsident Donald Trump) gesagt, dass wir sehr gern die Möglichkeit von 30, 40 oder 50 Jahren betrachten würden", gab Selenskyj den ukrainischen Standpunkt wider. Trump habe ihm versprochen, darüber nachzudenken.

Selenskyj begründete die Bitte an Trump um langfristige Sicherheitsgarantien mit dem laufenden Krieg gegen Russland. "Ich habe ihm gesagt, dass bei uns schon Krieg ist und er fast 15 Jahre dauert", sagte der ukrainische Staatschef. Kremlchef Wladimir Putin hat im Februar 2022 den Befehl zur Invasion der Ukraine gegeben. Allerdings hat Moskau bereits Anfang 2014 die ukrainische Halbinsel Krim annektiert. Zudem haben in der Zeit auch von Russland unterstützte Separatisten in Teilen der ostukrainischen Regionen Donezk und Luhansk die Macht übernommen. Für eine Beendigung der Kampfhandlungen fordert Russland unter anderem den vollständigen Rückzug ukrainischer Truppen aus beiden Gebieten, einen Verzicht auf den NATO-Beitritt und die Verkleinerung der Armee im Nachbarland.

Das Treffen von Trump und Selenskyj war mit Spannung erwartet worden. Russland hatte zuvor seine Angriffe auf Ziele in der Ukraine verstärkt. Am Montag meldete Moskau ein weiteres Vorrücken im Donbass. Putin erklärte, alle Ziele in der Ukraine würden militärisch erreicht, sollte die ⁠Regierung in Kiew keine friedliche Lösung des Konflikts anstreben.

Im Zentrum des Gesprächs zwischen den Präsidenten und ihren Beratern in Trumps Privatresidenz in Florida stand die von Kiew überarbeitete Version des US-Plans zur Beendigung des russischen Angriffskrieges. Die USA hatten im November einen 28-Punkte-Plan vorgelegt. Der als sehr russlandfreundlich kritisierte Text wurde in den vergangenen Wochen auf Drängen Kiews und seiner europäischen Verbündeten überarbeitet.

Trump hatte unmittelbar vor dem Treffen mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin telefoniert. Während das US-Präsidialamt keine Einzelheiten zu dem Gespräch nannte, sagte der außenpolitische Berater des Kreml, Juri Uschakow, Trump und Putin seien beide der Ansicht, dass ein von der EU und der Ukraine vorgeschlagener Waffenstillstand den Konflikt nur verlängern würde. Russlands Regierungssprecher Dmitri Peskow kündigte ein baldiges Gespräch zwischen Putin und Trump an. Dagegen sei ein Telefonat zwischen Putin und dem ukrainischen Präsidenten derzeit nicht geplant.

Bei dem Treffen schalteten sich auch europäische Staats- und Regierungschefs zu. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach von Fortschritten bei den Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Anfang Jänner will er in Paris die Länder einer "Koalition der Willigen" zusammenbringen, um konkrete Beiträge festzulegen.

Nach ihrem Gespräch in Mar-a-Lago telefonierten Trump und Selenskyj mit europäischen Verbündeten der Ukraine. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach anschließend auf X von einem "guten, einstündigen Gespräch". Von "entscheidender Bedeutung" bei der Suche nach einer Friedenslösung für die Ukraine sei es, "von Anfang an absolute Sicherheitsgarantien zu gewährleisten". Selenskyj zufolge könnte es im Jänner ein Treffen mit Trump und europäischen Spitzenpolitikern in Washington geben.

Die deutsche Bundesregierung betonte, es liege nun an Russland, den Krieg zu beenden und zu einem gerechten Frieden zu kommen. "Die Ukraine braucht substanzielle, rechtlich wie materielle, Sicherheitsgarantien der USA und der Europäer", hieß es in Berlin. Klar sei allerdings auch, dass es an Moskau liege, den Krieg zu beenden. Man nehme da eine gewisse Differenz wahr zwischen dem, was angeblich vom russischen Präsidenten geäußert werde und dem, was "über Weihnachten an Attacken über die Ukraine niedergegangen ist".