Israel hat nach Ablauf der ersten Phase einer Waffenruhe mit der islamistischen Hamas einen Einfuhrstopp für den Gazastreifen verhängt. Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu teilte am Sonntag mit, der Regierungschef habe dies angesichts der Weigerung der Hamas beschlossen, einen US-Vorschlag zur Verlängerung der ersten Phase bis in den nächsten Monat zu akzeptieren. Die Hamas sprach von „Erpressung“.

„Von heute Morgen an wird jegliche Einfuhr von Waren und Lieferungen in den Gazastreifen gestoppt“, hieß es in der israelischen Mitteilung. „Israel wird keine Waffenruhe ohne Freilassung unserer Geiseln ermöglichen.“ Außerdem werde es „weitere Konsequenzen geben, wenn die Hamas auf ihrer Weigerung beharrt“.

Hamas spricht von „skrupelloser Erpressung“

Die Hamas warf Netanyahu daraufhin vor, gegen die Waffenruhe-Vereinbarung zu verstoßen. Der Stopp humanitärer Hilfslieferungen sei „skrupellose Erpressung, ein Kriegsverbrechen und ein schwerwiegender Bruch des Abkommens“, hieß es in einer Telegram-Mitteilung der Terrororganisation. Die Vermittler - neben Katar und Ägypten auch die USA - und die internationale Gemeinschaft müssten Druck auf Israel ausüben, um seine „repressiven und unmoralischen Maßnahmen“ gegen die Menschen im Gazastreifen zu beenden. Die israelischen Geiseln könnten nur durch die sofortige Aufnahme von Verhandlungen über die zweite Phase der Vereinbarung freikommen.

Seit Beginn der Waffenruhe am 19. Jänner waren wieder mehr Hilfsgüter in den blockierten Küstenstreifen gekommen. Ein Einfuhrstopp könnte dramatische Folgen für die rund zwei Millionen Einwohner Gazas haben, die ohnehin unter prekären Umständen leben.

Israel billigte US-Vorschlag, Hamas fordert sofort Phase zwei

In der Nacht auf Sonntag billigte Israel nach eigenen Angaben einen Vorschlag des US-Sondergesandten Steve Witkoff zur Fortsetzung der Waffenruhe bis Mitte April im Gegenzug für die Übergabe potenziell aller verbliebenen Geiseln.

Der Plan sehe vor, dass die Waffen während des muslimischen Fastenmonats Ramadan und des jüdischen Pessach-Festes weiter schweigen, hieß es in einer Mitteilung des Büros von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Darin wird nicht direkt mit einer Rückkehr zum Krieg gedroht. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass das Abkommen Israel erlaube, nach dem 42. Tag der Waffenruhe - was Samstag war - jederzeit die Kämpfe wieder aufzunehmen, wenn Israel den Eindruck gewinne, dass die Verhandlungen erfolglos blieben.

Der Ramadan begann am Samstag mit Ablauf der ersten Phase der Waffenruhe und endet am 29. März. Das Pessach-Fest dauert vom 12. bis 20. April. In zahlreichen israelischen Städten forderten Tausende Demonstranten eine Fortsetzung der Waffenruhe und die Freilassung weiterer Geiseln. In der Küstenmetropole Tel Aviv saßen Aktivisten mit Eisenketten auf einer Straße und trugen dabei Masken mit den Gesichtern von Geiseln, die seit Oktober 2023 im Gazastreifen festgehalten werden. Auf dem Boden stand auf Hebräisch die Forderung nach einer Freilassung der verbliebenen Geiseln: „Alle von ihnen“.

Die Hamas lehne den Plan bisher ab, hieß es. Die Terrororganisation fordert stattdessen einen sofortigen Übergang zur zweiten Phase der insgesamt dreistufigen Waffenruhe-Vereinbarung. Diese sieht eine Freilassung der verbliebenen Geiseln im Gegenzug für ein dauerhaftes Ende des Krieges vor. Israel beharrt jedoch auf dem Kriegsziel der Zerstörung der Hamas.