Bereits in der Nacht auf Freitag waren zahlreiche Menschen von außerhalb der Hauptstadt nach Algier gekommen, weil sie Straßensperren der Sicherheitskräfte fürchteten. Viele von ihnen schliefen auf offener Straße oder protestierten bereits in der Nacht. Nach lokalen Medienberichten wurden mehrere Dutzend Protestierende bei den nächtlichen Demonstrationen festgenommen, die in Vorbereitung auf die großen Freitagsdemonstrationen stattfanden. Es ist bereits der 37. Freitag in Folge, an dem es zu Massenprotesten in dem nordafrikanischen Land gekommen ist.
Die Demonstrationen hatten im Februar begonnen und Anfang April zum Rücktritt von Langzeitpräsident Abdelaziz Bouteflika geführt. Auch das in Algerien mächtige Militär, das Bouteflika vor 20 Jahren mit an die Macht gebracht hatte, hatte sich angesichts des Drucks der Demonstranten schließlich von Bouteflika abgewandt. Für den Sommer angesetzte Neuwahlen wurden allerdings zunächst auf Dezember verschoben.
In einer Rede an die Nation rief Übergangspräsident Abdelkader Bensalah die Algerier auf, zur Wahl zu gehen. Zahlreiche Oppositionsgruppen und Richter hatten bereits angekündigt, die Wahl zu boykottieren. "Ich rufe euch alle auf, zum Erfolg dieser entscheidenden Wahl beizutragen", sagte Bensalah am Donnerstagabend.
Als Reaktion riefen Demonstranten: "Keine Wahlen unter der Kontrolle der Bande!" Die Massenproteste für den Freitag waren bereits länger angekündigt und fallen mit dem 65. Jahrestag des Beginns des Unabhängigkeitskampfes gegen Frankreich zusammen. Einige Demonstranten sprachen auch von einem Tag, an dem zwei Revolutionen gedacht würde: dem Kampf gegen Frankreich und dem Kampf gegen die alten Eliten des zurückgetretenen Präsidenten Bouteflika.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sendete per Twitter Grüße und Gratulationen an die Algerier. "Ich zolle ihrem Geist der Verantwortung Respekt in dieser wichtigen Zeit für die Zukunft", schrieb Macron.
Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian betonte, dass Frankreichs einziger Wunsch an diesem Tag sei, dass die Algerier gemeinsam den Weg zu einem demokratischen Übergang finden. Es liege einzig an den Algeriern über ihre Zukunft zu entscheiden. "Das ist es, was wir für Algerien hoffen, angesichts der tiefen Bindungen, die uns an dieses Land binden", so Le Drian einer Mitteilung zufolge.
Es wird erwartet, dass die Wahlkommission an diesem Wochenende die endgültige Liste der zugelassenen Kandidaten für die Präsidentschaftswahl bekanntgeben wird.