Um Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen ging es am Mittwoch in einer Diskussion des Grazer Filmfestivals Diagonale: "I'll have what he's having - Frauenkarrieren in der Männerdomäne Film". Letztlich drehe es sich auch um die Fördermittel, und da seien Frauen trotz Verbesserungen nach wie vor im Hintertreffen, so der Tenor von Produzentin Gabriele Kranzelbinder und Regisseurin Nina Kusturica.

Kranzelbinder beschrieb eine nicht seltene Situation: "Ich bin oft mit meinen Produktionspartnern zu Gesprächen gekommen und wurde dort zuerst als Assistentin wahrgenommen. Warum es kaum eine Frau gibt, die allein Produktion macht? Es gibt schon einige, aber zu wenige, von denen man sich etwas abschauen kann."

Kusturica erinnerte sich an ihren Einstieg nach dem Studium: Nach Gesprächen mit vielen "älteren Herren" habe sie sich eine Zusammenarbeit gar nicht mehr vorstellen können. "Da wurden Inhalte gar nicht verstanden, Geschichten entwickeln, auf Augenhöhe, das ging nicht, und: Es herrschte ein autoritärer Ton." Ihre Lösung sei es gewesen, mit Eva Testor eine eigene Produktionsfirma zu gründen. Wobei die Frage ja eher sei, wie in guter Qualität gearbeitet werden könne und wie man seine Geschichte erzählen könne. "Ich habe da die Leidenschaft für das Produzieren entdeckt, obwohl das gar nicht am Studienplan stand." Es sei schon eine ziemliche Machowelt, sagte Kusturica: "Ich habe mal ältere Produzenten gefragt, ob sie eventuell als Mentoren tätig sein wollten, einer hat fast einen Herzinfarkt gekriegt. Hätte es ein weibliches Role-Model gegeben, hätte ich mir bestimmt ein Jahrzehnt Umwege gespart." Viele Männer seien extrem verwirrt, wenn man als Frau keine Hilfe brauche.

Österreichische Pionierinnen

Kranzelbinder schlug in dieselbe Kerbe: "Bei älteren Kollegen sozusagen in die Lehre gehen? Die Reaktion war, 'ich werde mir doch keine Konkurrentin in die Firma setzen'". Autor und Regisseur Paul Poet meinte, in Österreich sei es trotz Filmpionierinnen wie Luise Fleck, der zweiten Frau der Welt nach der Französin Alice Guy-Blache, die als Regisseurin arbeitete, immer hart gewesen. Die Spielregeln hätten sich nicht großartig geändert. Allerdings: "Nordrand von Barbara Albert war so eine Art Wasserscheide, weil die Hauptdarstellerinnen waren sehr starke Figuren und die Männer Karikaturen und schwach. Ich dachte, als ich im Kino gesessen bin: geil". Da werde viel mehr zugelassen, in manchen Dingen sei es in Österreich besser als in anderen Ländern in Europa und den USA.

Nur 22 Prozent

Laut dem "FC Gloria Frauen Vernetzung Film", dem Kusturica und Kranzelbinder angehören, werden in Österreich nur 22 Prozent der jährlich 55 Millionen Euro an Fördergeldern an Filmemacherinnen vergeben. Ausgehend von Zahlen der beiden höchstdotierten Institutionen, dem Österreichischen Filminstitut (ÖFI) und dem Filmfonds Wien (FFW), rechnete das Frauennetzwerk für die vergangenen fünf Jahre hoch, dass mehr als drei Viertel der Fördergelder an Männer und nur rund 22 Prozent an Regisseurinnen, Produzentinnen und Drehbuchautorinnen gehen. Kranzelbinder sagte, das Nadelöhr seien Produktionsfirmen. Es gibt Initiativen, das zu ändern: "Wir haben ein Mentorinnenprogramm, Workshops mit u.a. Produzentinnen." Kusturica: "Wir brauchen Rahmenbedingungen wie eine Quote. Filme von Frauen sind immer noch die Ausnahme, Frauen-Geschichten muss man begründen, immer noch. Dabei sollte es ein normaler Teil des Ganzen sein."

Paul Poet forderte ein "genaues Hinschauen, wo Filmförderungen in welchen Bereichen vergeben werden. Die Gelder bleiben in jahrzehntelangen patriarchalischen Strukturen." Dass ein 'Landkrimi' an Catalina Molinavergeben werde, sei schon ein Erfolg, Sabine Derflinger habe ja auch lange gekämpft, um in den "Säulenheiligen 'Tatort'" hineinzukommen. Viele Frauen würden ja außer der Beschäftigung mit Film noch ein zweites berufliches Standbein brauchen.

Quote

Kusturica zeigte sich der Ansicht, würde man Mittel an eine Quote binden, würden auch mehr Frauen arbeiten: "So einfach ist es. 50 zu 50 wäre der Wunsch". Kranzelbinder sekundierte: "Die Politik arbeitet da etwas langsam, aber wir lassen nicht locker."

Von Moderatorin Sandra Nigischer von Sorority befragt, was denn die Wünsche für die Zukunft wären, sagte Kusturica: "Von der Politik das Bewusstsein für die Situation, und ein Wahrnehmen der Verantwortung für die Mittel, die nicht ihnen oder nur einem Teil der Gesellschaft gehören. Und ich wünsche allen, dass Lust und Feuer für spannende Geschichten bleiben - trotz frustrierender Erfahrungen."

Kranzelbinder sagte, in Hinsicht auf die Politik schließe sie sich an. "In Bezug auf Männer: Sie sollten besser zuhören, aus der Verteidigung der Pfründe einen Schritt zurücktreten und ein großes Ganzes sehen. Wir sind gar nicht so weit voneinander entfernt. Von den Frauen selbst wünsche ich mir, dass wir mutig und solidarisch sind und uns gegenseitig feiern, wenn was gelingt." Paul Poet formulierte zwei Anliegen an Männer wie Frauen: "Weniger einschüchtern lassen und sich mehr aus dem Fenster hängen. Und von der Politik - mehr Filme anschauen."

APA