Im Streit um das Atomabkommen mit dem Iran wird die EU-Kommission eine Notfallverordnung zur Abwehr von US-Sanktionen gegen europäische Firmen aktivieren. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte nach dem EU-Sondergipfel am Donnerstag in Sofia, den Prozess für das "Blocking Statute" von 1996 werde am morgigen Freitag in der Früh starten.

Mit der Verordnung könnte es europäischen Unternehmen unter Strafe verboten werden, sich an die US-Sanktionen gegen den Iran zu halten. Gleichzeitig würde es regeln, dass die europäischen Unternehmen für etwaige Verluste entschädigt werden. Damit würde die Handelskrise zwischen den USA und der EU noch verschärft.

Es sei die Pflicht der EU, europäische Unternehmen zu schützen, vor allem Klein- und Mittelbetriebe. Die Vorschläge der EU-Kommission seien vom Gipfel unterstützt worden. EU-Energiekommissar Miguel Arias Canete werde in den nächsten Tagen in den Iran reisen, sagte Juncker.

Im Streit um US-Strafzölle sagte Juncker, die EU fordere eine unbefristete Ausnahme der EU-Staaten von Importzöllen durch die USA. Dann sei die EU bereit, mit den USA über Handelsfragen zu verhandeln: "Wir werden nicht mit dem Damoklesschwert über unserem Kopf verhandeln." Dies sei auch eine Frage der Würde.

Treffen in Wien?

Das von der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini für kommende Woche angekündigte Treffen der stellvertretenden europäischen Außenminister zur Zukunft des Iran-Atomabkommens kann in Wien stattfinden. "Wir stehen als Ort zur Verfügung", hieß es am Donnerstag aus dem Außenministerium.

Am Dienstagabend hatten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritannien sowie Mogherini erstmals mit dem iranischen Außenminister Mohammad Javad Zarif über eine Rettung des Abkommens beraten. Zarif zeigte sich nach den Gesprächen optimistisch, forderte in der Folge aber auch praktische Maßnahmen, damit Teheran eine Entscheidung treffen könne, ob es sich lohne, im Wiener Atomabkommen von 2015 zu bleiben.

"Das Treffen mit der EU in Brüssel war nur eine positive politische Botschaft und ein guter Anfang - der aber reicht nicht aus", sagte der Außenminister nach Angaben der Tageszeitung "Etemad" vom Donnerstag. Die EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini kündigte an, dass es nun intensive Diskussionen auf Expertenebene geben werde, um in den kommenden Wochen zu konkreten Lösungen zu kommen. Auch Zarif stellte einem Medienbericht zufolge weitere Gespräche in Aussicht.

Nach Trumps Ausstieg aus dem Atomabkommen entschied der iranische Präsident Hassan Rouhani, in dem Abkommen zu bleiben. Die Bedingung sei jedoch die vertragsgerechte Umsetzung der Vereinbarungen, besonders die wirtschaftlichen Vorteile nach der Aufhebung der Sanktionen. Dafür forderte der Iran von den Europäern innerhalb weniger Wochen Garantien.

Auch die Europäische Union will das Abkommen mit Teheran beibehalten. Dies legten die EU-Staats- und Regierungschefs am Mittwochabend in Sofia in einer gemeinsamen Position fest.