Alle Augen – oder jedenfalls alle, die nicht am Liveticker des gleichzeitig beginnenden Prozesses gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz & Co hängen – sind am Mittwoch auf Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) gerichtet, wenn er dem Nationalrat das Budget der türkis.-grünen Koalition für 2024 präsentiert. Bereits bekannt ist, dass das Defizit mit rund 20 Milliarden Euro oder 2,7 Prozent des BIP angesetzt ist. Ein Wert, der von der Opposition als viel zu hoch und von manchen Experten als zu wenig ehrgeizig mit Blick auf eine nötige Schuldensenkung kritisiert wird. Haben sich hier ÖVP und Grüne einigen finanziellen Spielraum für das kommende Superwahljahr gegönnt?

Margit Schratzenstaller, Budgetexpertin des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), sieht das differenzierter, auch wenn sie betont, die Budgetdaten im Detail noch nicht zu kennen: „Ich halte es für vertretbar, angesichts der zu erwartenden schwachen Konjunktur im kommenden und der Rezession im heurigen Jahr auf einen eher expansiven Haushalt zu setzen.“ Ein harter Konsolidierungskurs, um Neuverschuldung und das Defizit zu senken, sei in dieser Konstellation „nicht angemessen“, zumal es in manchen Bereichen objektiv ja tatsächlich mehr Finanzmittel benötige. Wobei derzeit noch völlig unklar ist, was bei der groß angekündigten Gesundheitsreform herauskomme, die das Gesundheitsressort mit den Ländern abseits des Finanzausgleichs verhandeln.

Problemzone Förderungen

Als Beispiele nennt die Wifo-Expertin allen voran Forschung und Betreuung. Hinzu komme, dass auch aufgrund der Grundsatzeinigung beim Finanzausgleich der Bund Mehrbelastungen zugunsten der Länder zu tragen habe. Und dann sind da ja noch die Kriege in der Ukraine und in Nahost.

Nicht Sparen, sondern das Umsetzen all der seit ewigen Zeiten von der Politik aufgeschobenen Strukturreformen in den Bereichen Gesundheit, Pensionen oder Förderungen, müsste für die Regierung in dieser Situation das Gebot der Stunde sein. Auf diese Weise ließe sich die Dynamik der öffentlichen Ausgaben zumindest mittel- und langfristig teils erheblich eindämmen, ist Schratzenstaller überzeugt. Insbesondere bei den Förderungen sei es hoch an der Zeit, das System neu aufzusetzen und effizienter zu gestalten. So verteile allein der Bund jährlich zwischen 4,1 und 5,7 Milliarden Euro an umweltschädlichen Förderungen. Dies konterkariere die finanziellen Anreize für Klimaschutzmaßnahmen.

Nicht unmittelbar, aber sehr wohl mittelfristig, so die Ökonomin, sollte auch die CO2-Bepreisung angehoben werden. Diese 2022 mit 30 Euro je Tonne gestartete Maßnahme wird 2024 auf 45 Euro steigen, nachdem es heuer aufgrund der massiv gestiegenen Energiekosten eine Stabilisierung des Hebelmechanismus bei 32,5 Euro gegeben hat.

Ein prägender Faktor für diesen Haushalt ist die nach wie vor hohe Inflation. Ist der Finanzminister hier mehr Nutznießer durch die steigenden Steuereinnahmen und Entwertung der Staatsschulden oder Geschädigter? „Auch Geschädigter“, lautet die vorsichtige Antwort Schratzenstallers, „weil Mittel für die Zinslasten für die Schulden, öffentliche Gehälter und Pensionen sowie die Valorisierung etlicher Sozialleistungen stark steigen“.