Wie geht es mit dem neuen Chef für die SPÖ weiter?
Am Montag wird Hans Peter Doskozil, der bis wenige Monate vor der nächsten Nationalratswahl auch burgenländischer Landeshauptmann bleiben will, die Parteizentrale in der Löwelstraße besuchen. Am Dienstag kommt der Bundesparteivorstand zusammen. Rund um die Mitgliederbefragung waren die Vorstandssitzungen sehr konfrontativ. Diesmal soll es versöhnlicher zugehen.

Welche Personalfragen stehen an?
Weil mit Pamela Rendi-Wagner die Klubobfrau ausscheidet und mit Christian Deutsch der Bundesgeschäftsführer zurückgetreten ist, müssen diese beiden Positionen neu besetzt werden. Doskozil sitzt nicht selbst im Parlament, er braucht dort einen Statthalter. Für eine von beiden Positionen wird der Steirer Max Lercher gehandelt, der Doskozils parteiinternen Wahlkampf führte und schon unter Christian Kern Bundesgeschäftsführer war. Auch die Nationalratsabgeordnete Julia Herr kommt für eine der beiden Jobs in Frage. Sie unterstützte zwar offen Andreas Babler. Ihre Beförderung könnte ein erstes Symbol für die Versöhnung der Lager sein. „Ich halte sie für eine der größten Politikerinnen des Landes“, sagte Lercher am Parteitag bei seiner Wortspende auf der Bühne über Herr.

Wie fallen die Entscheidungen?
Den Bundesgeschäftsführer kann Doskozil als Parteichef bestimmen. Den Klubobmann oder die Klubobfrau wählen die Mitglieder des Parlamentsklubs in einer geheimen Wahl. Das ist ein potenzieller nächster Krisenherd in der Partei. Denn der Klub ist arg zerstritten und es ist nicht gesagt, dass alle Abgeordneten der Empfehlung Doskozils für den Klubvorsitz folgen.

Was wird aus Andreas Babler?
Doskozil hat angekündigt, den Traiskirchener Bürgermeister in die Bundespartei einzubinden. Er könne begeistern, sagte Doskozil zu Babler, als er ihn am Parteitag auf die Bühne holte, und das brauche die SPÖ. Dass Babler einen der beiden vakanten Spitzenjobs bekommt, ist aber unrealistisch: Für den Klubvorsitz müsste er im Nationalrat sitzen, als Bundesgeschäftsführer wird sich Doskozil einen Vertrauten suchen. Im Hinblick auf einen Nationalratswahlkampf oder eine mögliche nächste Bundesregierung könnte Babler aber eine sichtbare Rolle spielen.

Die Kontrahenten im Rennen um den Parteivorsitz müssen nun zusammenarbeiten.
Die Kontrahenten im Rennen um den Parteivorsitz müssen nun zusammenarbeiten. © (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)

Was will Doskozil inhaltlich verändern?
Im Interview mit der Kleinen Zeitung hat Doskozil angekündigt, Anfang 2024 einen Parteitag abzuhalten, auf dem über ein neues Statut abgestimmt werden soll: Für den Parteivorsitz und Koalitionsabkommen sollen künftig Mitgliedsentscheide fixiert werden. In inhaltlichen Streitfragen wie dem Mindestlohn oder dem gemeinnützigen Wohnbau, in dem gewichtige Teile der SPÖ andere Positionen vertreten, als er, muss Doskozil sich um Konsens bemühen.

Wie viel Rückhalt hat der neue SPÖ-Chef in seiner Partei?
Die Kampfabstimmung zwischen Hans Peter Doskozil und Andreas Babler ging denkbar knapp aus: Doskozil erhielt 316 Stimmen, um nur 37 Stimmen mehr als Babler. Rätsel gibt eine „verloren gegangene“ Stimme auf: Im von der Leiterin der Wahlkommission, Michaela Grubesa, präsentierten Endergebnis gab es nämlich eine Differenz zwischen allen ausgezählten Stimmen und der Summe für Doskozil und Babler. Dem ZiB2-Moderator Martin Thür war der Fehler aufgefallen. In den heutigen Sitzungen muss das Rätsel gelöst und besprochen werden, ob die Auszählung wiederholt wird. Am Endergebnis wird die eine Stimme aber nichts ändern. Auch, wenn Teile der Delegierten am Samstag sichtlich enttäuscht über das Ergebnis waren, versicherten in öffentlichen Wortmeldungen alle Funktionäre dem neuen Vorsitzenden ihre Loyalität.

Wieso hat Doskozil eine Koalition mit der ÖVP ausgeschlossen?
Nach seiner Wahl zum Parteichef kündigte er an, weder mit der FPÖ, noch mit der ÖVP zusammenarbeiten zu wollen. Seine eigene Erfahrung als Minister in der Großen Koalition hätten ihn dazu bewogen, sagt Hans Peter Doskozil. Das rief skeptische Reaktionen auch innerhalb der SPÖ hervor - aber auch Zuspruch. Am Sonntag unterstütze die Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner Doskozils Absage. Angesichts der frauenpolitischen Positionen, die die beiden Parteien in Oberösterreich, Niederösterreich und Salzburg vertreten, sehe sie hier „keine Überschneidungspunkte“, sagte sie im ORF. Holzleitner wird auch als Kandidatin für Doskozils Team gehandelt. Sie bekam am Parteitag auffallend viel Applaus, und Doskozil könnte eine Aussöhnung mit den Frauenorganisationen gut gebrauchen.

Kann Doskozil wirklich Wähler von der FPÖ zurückholen?
All jene, die vor zehn Jahren noch SPÖ gewählt haben, aber dann zu den Freiheitlichen abwanderten, will er zurückgewinnen, kündigte Doskozil an. Ob das gelingt, ist fraglich. Laut einer Befragung aus dem Herbst 2022 unter FPÖ-Wählern ist für fast die Hälfte von ihnen ausgeschlossen, jemals SPÖ zu wählen. Nur 14 Prozent halten es für wahrscheinlich.