Mit "Kronen Zeitung", "Heute" und "Österreich" stehen die drei größten Boulevardmedien Österreichs im Verdacht, am Missbrauch von Steuergeld profitiert zu haben. Öffentliche Werbung gegen positive Berichterstattung – so lautet der Verdacht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Die Beschuldigten weisen diesen Vorwurf von sich. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Klar ist jedoch: Die Boulevardmedien erhalten in Österreich überproportional viele Inserate der öffentlichen Hand. Die WKStA vermutet, dass zumindest Werbung des Finanzministeriums bei "Österreich" ab 2016 und bei "Kronen Zeitung" und "Heute" ab 2017 verwendet worden sein soll, um für geschönte Berichte über Ex-Kanzler Sebastian Kurz zu sorgen. Immerhin schrieb der frühere Generalsekretär des Finanzministeriums, Thomas Schmid, unter anderem:

Schmid freute sich im August 2017 über das "Beinschab-'Österreich'-Tool"

Boulevardmedien profitieren

Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Tatsächlich explodierten die Inseratenausgaben des Finanzministeriums ab 2017. Allerdings wurden dabei die Leserinnen und Leser der verschiedenen Tageszeitungen bei Weitem nicht im selben Ausmaß informiert. So zahlte das Finanzministerium etwa 2020 in "Heute" und "Österreich" doppelt so viel für Inserate wie in der Kleinen Zeitung – obwohl die Kleine Zeitung mehr Menschen erreicht. Dennoch ist es nicht verwunderlich, dass "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand Schmid Anfang 2017 auf "Unverhältnismäßigkeiten" in der Inseratenschaltung aufmerksam gemacht haben soll: 2016 erhielt die Zeitung "Österreich" mit rund 411.000 Euro mehr als selbst die weit reichweitenstärkere "Kronen Zeitung" mit rund 323.000 Euro. Auch "Heute" stieg mit ca. 161.000 Euro mit weniger Inseratengeldern aus dem Finanzministerium aus. Die WKStA vermutet, dass dies am "Beinschab-'Österreich'-Tool" und dem Kauf positiver Berichterstattung für Kurz liegt.

Anstieg mit Freude

Vor allem im zweiten Halbjahr 2017 stiegen die Inseratenschaltungen in fast allen Medien deutlich an. Am meisten profitierte die "Kronen Zeitung", in der 2017 Inserate des Finanzministeriums im Wert von rund 810.000 Euro erschienen. Auch "Heute" zog mit rund 730.000 Euro an "Österreich" vorbei, wo die Einschaltungen aber ebenfalls markant auf ca. 671.000 Euro anwuchsen. Damit gingen in diesem Jahr fast zwei Drittel der Inseratenschaltungen des Finanzministeriums an Boulevardmedien. Mit dem Ergebnis war Schmid offenbar zufrieden:

Schmid berichtet Ende Mai 2017 an Kurz
© Die Titelseite der "Kronen Zeitung" vom 16. März 2018

Auch der nunmehrige ÖVP-Kommunikationschef Gerald Fleischmann freute sich über die Berichterstattung in der "Kronen Zeitung": "Bitte schickt mir die echte 'Krone'. Das oben habt ihr doch selber geschrieben, so perfekt kann eine Zeitung doch nicht sein", schrieb Fleischmann laut ZiB 2 über die Titelseite vom 16. März 2018.

Der Höhepunkt der Inseratenflut war 2020 erreicht, als die "Krone" ca. 1,6 Mio. Euro, "Heute" rund 1,2 Mio. Euro und "Österreich" etwa 1,1 Mio. Euro erhielten. 2022 gab es nur noch ca. 211.000 Euro für die "Krone", 120.000 Euro für "Österreich" und 93.000 Euro für "Heute". Die Inseratencausa und Chats dazu waren da bereits öffentliches Thema.

Der frühere Kanzler Christian Kern (SPÖ) und der frühere Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) bezeichneten die jüngsten Verdachtsmomente im Zusammenhang mit der Affäre Dichand am Dienstag als massive Gefährdung der Demokratie. Der von Kurz abgelöste Mitterlehner sprach gegenüber der "Tiroler Tageszeitung" von "gekaufter und erkaufter Politik". Kern konstatiert: "Die 2017er-Wahl wurde manipuliert ohne Ende." Er habe im Wahlkampf gespürt, wie gegen ihn medialer Druck aufgebaut wurde, "allen voran war dabei 'Österreich' und die 'Kronen Zeitung'".