Dem Wunsch nach einer „tabulosen sicherheitspolitischen Debatte“, die zuletzt der Spitzendiplomat Emil Brix in der Kleinen Zeitung (und zuvor wiederholt eine Reihe von Experten) geäußert hat, will Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nicht nachkommen. "Für mich stellt sich die Frage nicht", sagt er auf die Frage, ob man die Neutralität überdenken müsse, bei einer Pressekonferenz mit dem schwedischen Premierminister Ulf Kristersson am Donnerstag in Stockholm.

Österreich verbinde mit der Neutralität eine historische Geschichte und habe – gemeinsam mit Schweden – 1995 die Entscheidung getroffen, der EU beizutreten, so Nehammer: "Wir sind voll dabei bei Europas Außen- und Sicherheitspolitik." Innerhalb der EU habe die Neutralität Österreichs eine große Bedeutung, so der Bundeskanzler: "Sie gibt uns die Möglichkeit mit Drittstaaten zu verhandeln. Als dieser Brückenbauer kann Österreich der EU zur Verfügung stehen."

FPÖ betreibt „Täter-Opfer-Umkehr“

Schweden hat – gemeinsam mit Finnland – nach Beginn des russischen Angriffs in der Ukraine nach einer langen Zeit der Bündnisfreiheit die Aufnahme in die NATO beantragt. Kristersson, der seit vergangenen Herbst eine von den rechtsradikalen Schwedendemokraten unterstützten Minderheitsregierung in Schweden anführt, wollte Österreichs Sicherheitspolitik nicht kommentieren.

Kein Verständnis äußerte Nehammer für das Verhalten der FPÖ-Abgeordneten, die im Parlament bei der Ansprache des ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den Saal verließen: "Von manchen Parteien wird eine Täter-Opfer-Umkehr vorgenommen", kritisiert Nehammer am Donnerstag: "Auch als neutrales Land muss man den Aggressor klar benennen. Das ist Russland."