Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) dehnt ihre Ermittlungen in Sachen Inseratenbestechlichkeit aus. Ermittelt werde nun gegen "Sebastian Kurz, acht weitere Beschuldigte sowie einen Verband", gab die Behörde bekannt. Der Verdacht: Bestechlichkeit, Untreue, Amtsmissbrauch. Am Donnerstag wurden mehrere Unternehmensstandorte durchsucht, darunter die Zentrale der Gratiszeitung "Heute". In den Fokus rückt dabei Heute-Herausgeberin Eva Dichand.

Sprunghafter Anstieg bei Inseraten

Die Ermittlungen gehen auf Aussagen von Thomas Schmid zurück, die Radio Ö 1 auszugsweise veröffentlicht hat. Der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium hat bekanntlich bei der WKStA ein Geständnis abgelegt und will Kronzeuge werden. Schmid zufolge habe Dichand bei ihm ab 2017 eine Erhöhung des Inseratenvolumens erbeten und dafür wohlwollende Berichterstattung über Sebastian Kurz in Aussicht gestellt. Kurz wurde damals ÖVP-Parteiobmann.

Laut einer Ö1-Analyse der Medientransparenzdatenbank kam es nach 2017 zu einem sprunghaften Anstieg der Schaltungen des Finanzministeriums bei "Heute" und "Kronen Zeitung", deren Herausgeber Dichands Mann Christoph ist. Kurz sei stets über die Vorgänge informiert gewesen, sagte Schmid bei der WKStA aus.

Interventionen gegen Novelle

Die Verdachtsmomente beschränken sich nicht auf Geldflüsse. Im Gegenzug für wohlwollende Berichterstattung soll das Finanzministerium auch politisch hilfsbereit gewesen sein. Als 2017 die Große Koalition eine Novelle des Stiftungsgesetzes vorlegte, soll Dichand bei Schmid interveniert haben. Dieser sicherte eine kritische Stellungnahme des Ministeriums zu.

In einer SMS an Dichand soll Schmid geschrieben haben: "Wir sagen, dass wir ein Paket und kein Stückwerk wollen und das daher ablehnen." In der entsprechenden Stellungnahme heißt es dann: Der Gesetzesentwurf wird den Zielen "nicht ausreichend gerecht", die Maßnahmen seien "lediglich Stückwerk". Die Novelle wurde nie beschlossen.

Dichand bestreitet Vorwürfe

Dichand bestreitet die Vorwürfe, Schmid würde "falsche Anschuldigungen" machen, um Kronzeuge zu werden. Sie verwies auf Twitter zudem darauf, dass Chefredakteur Christian Nusser die Unabhängigkeit der Redaktion absichere. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Laut WKStA bestehe der "Verdacht einer strafrechtlich relevanten Vereinbarung" mit zwei Medien über "strafrechtlich relevante Inseratenschaltungen" des Finanzministeriums (BMF). "Amtsträger" hätten Inserate in erheblichem Umfang entgegen den Interessen der Republik und ohne konkretes Informationsbedürfnis beauftragt. Schmid habe außerdem einem BMF-Abteilungsleiter "als Belohnung" für die Inseratenaufträge die Bestellung zum Staatskommissär versprochen, dies sei dann auch so erfolgt (offenbar ist der Staatskommissär bei den Casinos Austria gemeint, Anm.). Der gesamte Casag-Komplex umfasse mittlerweile Akten mit 417.000 Seiten, berichtet die Behörde.