Unbehagen am schwarz-blauen Arbeitsübereinkommen in Niederösterreich hat jetzt auch der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler geäußert. Dass im Corona-Kapitel die Rückzahlung von Bußgeldern versprochen wird, obwohl dies kaum mit der Verfassung in Einklang zu bringen ist, erzürnt den ehemaligen ÖVP-Spitzenpolitiker: "Es ist inakzeptabel, wie wenig Respekt man in einem Arbeitsübereinkommen der Verfassung entgegenbringt", so Fischler gegenüber der Kleinen Zeitung. Alle Verfassungsrechtler würden diesen Punkt höchst kritisch sehen.

Dass ausgerechnet FPÖ-Chef Udo Landbauer für die Abwicklung der EU-Regionalförderung zuständig sei, löst beim Europapolitiker Kopfschütteln aus. Das Argument, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner habe die Letztverantwortung in Europafragen, lässt der ÖVP-Politiker nicht gelten. "Es gibt keine Richtlinienkompetenz." Was Fischler in dem Kontext vermisst: "Die Regierung hätte ein klar ausgeschildertes Europabekenntnis vorlegen sollen. Dann könnte Landbauer beweisen, dass er es mit Europa wirklich ernst meint."

In dem eine Seite umfassenden Europakapitel wird zwar unter dem Titel "Niederösterreich muss auch in Brüssel stark sein" Europa als "Garant für Sicherheit und Wohlstand" gewürdigt, das eröffne "Chancen, um Wachstum und Entwicklung in allen Regionen des Landes voranzutreiben". Man werde auch in Zukunft dafür sorgen, dass "kein Fördereuro aus unseren Nettozahlerbeiträgen in Brüssel liegen bleibt".

Sonst lassen ÖVP und FPÖ kein gutes Haar an der EU. So wird die Forderung aufgestellt, dass Österreich keine Kompetenzen an Brüssel abtreten möge, die Neutralität nicht angetastet werden dürfe, das Bargeld nicht abgeschafft werden soll. Kritik wird am nicht funktionierenden Außengrenzschutz sowie am schwach ausgeprägten Subsidiaritätsprinzip geübt. Das Europaforum in der Wachau sollte in jedem Fall fortgeführt werden.