Wiens Bürgermeister Michael Ludwig verkündete am Mittwoch, dass die Corona-Sonderbestimmungen der Stadt nicht verlängert werden. Das sei zu verantworten, sagte Ludwig. Konkret heißt das:
- Die Maskenpflicht fällt mit 28. Februar. Sie gilt ab dann wie auch im Rest des Landes nicht mehr in den öffentlichen Verkehrsmitteln und den Apotheken.
- In den Spitälern sind die Masken noch bis 30. April zu tragen. Dann fällt die Pflicht auch dort. Das gilt bundesweit.
- Auch die Einschränkungen für Besuche in Pflegeheimen und Spitälern fallen. Bisher gab es sowohl eine Testpflicht als auch eine Obergrenze, nur drei Besucher durften auf einmal kommen. Mit 28. Februar gelten auch diese Maßnahmen nicht mehr.
Sonderweg seit Februar 2021
Die Maskenpflicht ist das anschaulichste Beispiel für den langen Wiener Sonderweg. Schon im Frühjahr 2021 setzte sich Ludwig für strengere Maßnahmen ein. Damals verhängte er mit dem burgenländischen Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil und der niederösterreichischen Amtskollegin Johanna Mikl-Leitner den "Oster-Lockdown" im Osten des Landes. Später galten die Testergebnisse im Zusammenhang mit den 3-G-Zugangsbeschränkungen in Wien kürzer, im vergangenen März öffnete die Nachtgastronomie langsamer. "Uns war es immer wichtig, der Bevölkerung deutlich zu sagen, wofür man steht", sagte Ludwig bei der Pressekonferenz, der den Sonderweg positiv bilanzierte. "Wir werden das evaluieren, aber unsere Maßnahmen haben sich ausgezahlt."
Juristisch ermöglicht wurde das Wiener Vorgehen durch Paragraf 7 des COVID-19-Maßnahmengesetzes des Bundes. Darin ist festgeschrieben, dass Landeshauptleute eigenständig Verordnungen erlassen dürften, so diese strengere Maßnahmen beinhalten.
Spürbar um den Jahreswechsel
Wie sehr sich die Wiener Strategie im Infektionsgeschehen niedergeschlagen hat, lässt sich schwer sagen. "Um den Jahreswechsel auf 2022 war der Zusammenhang aber eindeutig", sagt Statistiker Erich Neuwirth, der Teil des Expertengremiums war, das Ludwig in Coronafragen beraten hat. "Damals waren die Maßnahmen in Wien aufgrund der Testpflicht wesentlich strenger, die Inzidenzen waren bundesweit die niedrigsten." Bei den aktuellen Zahlen sei die Abschaffung der Maskenpflicht aber vertretbar.
Sie steigen in ganz Österreich aktuell leicht an. Die Modellrechner des Prognosekonsortiums gehen in ihrem Mittwochsupdate von einem leichten Anstieg von Corona-Patientinnen und Patienten auf Normalstationen aus. Bürgermeister Ludwig zufolge wird der Höhepunkt der Welle zwischen Ende Februar und Ende März erwartet. "Sie wird mit den Wellen des vergangenen Herbsts vergleichbar sein", sagt er am Mittwoch.
"Es gab in Wien eine signifikant höhere Zustimmung zur Maskenpflicht als in anderen Bundesländern", sagt Jakob-Moritz Eberl, Kommunikationswissenschafter an der Universität Wien, der für ein Forschungsprojekt die Einstellungen der Bevölkerung zu den Schutzmaßnahmen in regelmäßigen Abständen abfragte. Noch im Oktober habe über die Hälfte der Wiener eine Maskenpflicht in Öffis und Geschäften befürwortet. "Die Stadtregierung war in ihrer Kommunikation stringenter als der Bund oder andere Länder", sagt er. "Das hat sich ausgezahlt." Je länger allerdings Unterschiede zwischen den Vorschriften in der Hauptstadt und dem Rest Österreichs bestanden hätten, desto mehr wäre davon auszugehen, dass die Zustimmung nachlässt.