Die ÖVP unter Sebastian Kurz dürfte 2019 – wie schon zuvor 2017 – die gesetzliche Wahlkampfkostengrenze von sieben Millionen Euro überschritten haben. Wie der Rechnungshof in einer am Montag ausgegebenen Mitteilung festhält, dürfte die Volkspartei den Maximalbetrag um mindestens 500.000 Euro überschritten haben.

Die Vorgeschichte bis zu dieser Feststellung, die der Rechnungshof nun an den Parteien-Transparenz-Senat weiterleiten wird, ist lang. Zunächst hatte die Volkspartei im Rahmen ihres Rechenschaftsberichts nur Wahlkampfkosten von 5,6 Millionen Euro für die Nationalratswahl 2019 gemeldet.

Kosten für Bergtour nicht eingerechnet

Das dürfte nicht korrekt gewesen sein – im Zuge der Überprüfung durch vom RH beauftragte Wirtschaftsprüfer meldete die Partei mehr als eine Million Euro zusätzlicher Wahlkampfkosten nach. "Der Rechnungshof hält kritisch fest, dass die ÖVP ihm gegenüber im Stellungnahmeverfahren zum Rechenschaftsbericht 2019 deutlich niedrigere Zahlen genannt hat", so die Prüfinstitution in ihrer Stellungnahme; der Rechnungshof erwarte sich, "dass in einem Verfahren zu einem Rechenschaftsbericht umfassende und aussagekräftige Angaben gemacht werden – und nicht erst im Zuge einer Prüfungshandlung."

Im Zuge der Prüfung entdeckten die Prüfer danach noch einmal weitere Kosten, die nach Ansicht des Rechnungshofes in die Wahlkampfkosten einzurechnen seien – unter anderem für eine Bergwandertour mit Parteichef und Spitzenkandidat Sebastian Kurz. Der Rechnungshof vertritt die Auffassung, dass (zumindest) weitere 888.676,58 Euro als Wahlkampfkosten anzugeben sind – zusätzlich zu den von der Partei anerkannten 6,6 Millionen.

ÖVP: "Haben Grenze nicht überschritten"

Anders sieht das die Partei selbst: "Die Volkspartei hat die Wahlkampfkostenobergrenze von 7 Millionen Euro eingehalten", so ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker in einer Aussendung. "Konkret betrugen die Wahlkampfkosten der Volkspartei 2019 laut diesem Prüfer 6,6 Millionen Euro. Das sind also deutlich weniger als 7 Millionen Euro."

Nach Rechtsansicht der Partei seien die vom Rechnungshof zusätzlich als Wahlkampfkosten genannten 888.000 Euro nicht den Wahlkampfkosten zuzuordnen." Das sei auch in der Rechtsansicht eines der vom RH mit der Prüfung befassten Wirtschaftsprüfer so ersichtlich, der die Frage als "ungeklärt" eingestuft habe.

Die Entscheidung liegt nun beim Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat im Kanzleramt (UPTS). Der Senat hat die ÖVP bereits dreimal wegen Überschreitung der Wahlkampfkostengrenze bestraft. In Summe hat die ÖVP dafür 1,2 Mio. Euro Geldbuße bezahlt: Bei der Nationalratswahl 2013 hatte die ÖVP die 7-Millionen-Euro-Grenze um mehr als vier Millionen Euro überschritten, bei der niederösterreichischen Landtagswahl im selben Jahr um fast zwei Mio. Euro und bei der Nationalratswahl 2017 hatte die ÖVP schließlich um fast sechs Millionen Euro zu viel ausgegeben. Die FPÖ lag damals um 3,7 Mio. Euro über der Grenze, die SPÖ um knapp 400.000 Euro.

Opposition fordert Neuwahl

Konsequenzen forderten am Montag die Oppositionsparteien. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz nannte den Rechenschaftsbericht "ein einziges Schummel-Werk". Es sei nicht länger hinzunehmen, wie die ÖVP die Österreicher an der Nase herumführt. Und Bundeskanzler Karl Nehammer sei für den "Schummelbericht" verantwortlich, schließlich war er 2019 Generalsekretär der ÖVP. Daher müsse er den Hut nehmen, so Schnedlitz. Ähnlich auch die NEOS: "Eine Partei wie die ÖVP, die permanent die Gesetze bricht und die erlaubten Wahlkampfkosten überschreitet, die trickst und täuscht, wo es nur geht, und das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für ihre eigenen Zwecke missbraucht, kann kein Land führen", findet Generalsekretär Douglas Hoyos, der ebenfalls daran erinnerte, dass Nehammer damals die "erschummelten Wahlkämpfe" geleitet habe. Der neuerliche "Gesetzesbruch" dürfe nicht wieder ohne Konsequenzen bleiben, fordert Hoyos.

Auch für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sind sofortige Neuwahlen unumgänglich: "Nehammer ist als ÖVP-Obmann und ehemaliger türkiser Generalsekretär zu 100 Prozent für den Wahlkampfkosten-Skandal und den türkisen Rechenschaftsbericht verantwortlich." Daher sei Nehammer als Kanzler untragbar.