Das waren entscheidende Wochen für die Zukunft des Bundesheeres. Mit der Einigung auf das Verteidigungsbudget 2023 und einem über ein neues Gesetz verbindlichen Finanzrahmen bis 2027 bekommt das Militär nun endlich seine budgetäre Planungsgrundlage, um den Rückstau der letzten 20 Jahre aufzuholen. „Es ist vorbei mit der Jammerei. Jetzt liegt es an uns“, drückt ein Generalstabsoffizier aus, warum der Blick nun nach vorne gerichtet werden müsse.

Der BIP-Anteil bleibt zwar eine unscharfe Messgröße für den Geldsegen, wie die Diskussion um die Einrechnung der Pensionsausgaben zeigt. Nominell soll das Militär aber jene Milliarden erhalten, die es zum (Wieder-)Erlangen grundlegender Fähigkeiten zur Landesverteidigung braucht.

180-Grad-Wende

Die Weichen dafür hat Ressortchefin Klaudia Tanner schon im März 2021 gestellt, als sie sich auf eines der Streitkräfteprofile festlegte, die ihre Experten entworfen hatten. Die künftige Ausrichtung des Bundesheeres stelle nahezu eine 180-Grad-Wendung dar, verdeutlicht man heute im Ministerium. Der Fokus liegt wieder auf dem Schutz Österreichs, und zwar vor einem Gegner von außen, der hybrid agiert. „So wie 2014 auf der Krim“, führen die Militärs den Beginn des Ukraine-Konflikts als Beispiel an. Die Auslandsambitionen des Heeres beschränken sich vorerst auf das Einbringen qualifizierter Fähigkeiten, heißt es.

Österreich sei zwar kein Frontstaat, liege aber in der Tiefe des bedrohten Raumes, drücken die Experten das Risiko aus. Um die Verteidigung der Staatsgrenzen geht es längst nicht mehr. Gerade Bedrohungen aus der Luft und dem Cyberraum ist unser Land noch weitgehend schutzlos ausgeliefert. Was also tun? „An jeden Strommast einen Soldaten hinzustellen, ist keine Lösung“, erklärt der Offizier. Daher gewinne Aufklärung enorm an Bedeutung. „Man muss vor die Welle kommen, agieren statt reagieren“, laute das Prinzip. Dort, wo ein Angriff am wahrscheinlichsten erscheint, werden die Schutzmaßnahmen konzentriert.

Vor drei Jahren noch "utopisch"

Der 24. Februar 2022 führte nicht nur zur Nachjustierung des Streitkräfteprofils in Richtung konventionelle Kriegsführung, er beschleunigte die Umsetzung enorm. Zehn Jahre gibt sich das Bundesheer Zeit, seinen „Aufbauplan“ umzusetzen. Prognostizierte 16,6 Milliarden Euro sollen ihm bis 2032 allein für Investitionen zur Verfügung stehen. Mit einer ähnlich hohen Summe hatte übrigens schon Übergangsminister Thomas Starlinger 2019 in seinem Zustandsbericht den Investitionsrückstau beziffert. Damals wurden die Forderungen des Militärs von Teilen der Politik als „utopisch“ und „Wunschdenken“ abgetan.

Jetzt heißt es: „Diese 16,6 Milliarden bedeuten reine Fähigkeitserweiterung“. Als Kernbereiche des „Aufbauplans 2032“ wurden Mobilität der Einsatzkräfte, Schutz und Wirkung, Autarkie und Nachhaltigkeit definiert. Die Liste an Vorhaben und Beschaffungen ist schon ziemlich konkret – und lang. Im Bereich der Fliegerabwehr erhält das Heer eine Fähigkeit, die es nie hatte. Beschafft wird ein System mit einer Reichweite bis 40 Kilometer. Planungsgröße ist der Schutz des Flughafens Zeltweg vor Luftangriffen. Kosten dürfte es mehr als die dort stationierten 15 Eurofighter – mindestens zwei Milliarden Euro.

Es muss geübt werden

Weil teures Gerät allein noch keinen guten Soldaten macht, sieht der Aufbauplan auch „verstärkte Übungstätigkeit“ vor. Dafür werden sogar Mittel aus dem Investitionsbudget angezapft. Für eine Wiedereinführung verpflichtender Milizübungen, wie sie Militärexperten für unabdingbar halten, ist aber keine politische Mehrheit in Sicht. Auswege? „Wir müssen die Einsatzlast drücken, damit wir das Kaderpersonal wieder besser ausbilden können“. Das heißt so viel wie: Das Bundesheer will künftige Assistenzanforderungen genauer prüfen und bei laufenden Einsätzen (Grenzüberwachung) die Mannstärken senken.