Auch Tirols ÖVP-Obmann Anton Mattle zeigt sich "offen" gegenüber dem Vorstoß des oberösterreichischen Landeshauptmanns Thomas Stelzer (ÖVP), die Sanktionen gegen Russland auf "Treffsicherheit zu überprüfen". Stelzer hatte im Gespräch mit der Kleinen Zeitung die Sanktionen des Westens gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine infrage gestellt. Man müsse diese überdenken, falls es im Herbst zu Energieengpässen kommt.

Sein Tiroler ÖVP-Landesparteichef-Kollege Mattle kann offenbar mit dieser Meinung Stelzers einiges anfangen. Er erklärte, dass eine Evaluierung der Sanktionen gegen Russland "im Rahmen der Staats- und Regierungschefs" immer möglich sein werde und müsse. Mattle betonte aber auch, dass die Frage nach Sanktionen "immer auf europäischer Ebene gemeinsam mit unseren Partnern" beantwortet werden müsse. "Wir dürfen uns innerhalb der Europäischen Union auch in der Krise nicht auseinanderdividieren lassen", so der Tiroler ÖVP-Obmann, der am 25. September eine Landtagswahl zu schlagen hat.

Die Bundes-ÖVP stellte indes klar, dass man geschlossen hinter den EU-Sanktionen gegen Russland stehe: "Wenn wir dem militärischen Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine nichts entgegensetzen, würden wir das Signal senden, dass Völkerrechtsbruch toleriert wird. Letztlich brächten wir damit unsere eigene Sicherheit in Gefahr."

Als Reaktion auf eine unrechtmäßige Verhaltensweise müssten Sanktionen unter Berücksichtigung verschiedenster Parameter aber regelmäßig evaluiert werden. "Es ist und bleibt oberste Prämisse, dass Sanktionen einem selbst nicht mehr schaden dürfen, als jenem, gegen den sie verhängt werden."

Dank und Anerkennung aus der FPÖ

FPÖ-Außenpolitik-Sprecher Axel Kassegger ortete ein "Rumoren" in der ÖVP. "Es war uns Freiheitlichen sofort klar, dass diese Sanktionspakete nur Schüsse in das eigene Knie bedeuten können. Was diese EU-hörige ÖVP mit den grünen Kriegstreibern hier anstellen, ist schlichtweg schauerhaft", meinte er in einer Aussendung. Für den "Mut", die Sanktionen zu kritisieren, sprach die Freiheitliche Wirtschaft am Freitag Stelzer ihren Dank und Anerkennung aus.

Der Landessprecher der Grünen in Oberösterreich, Stefan Kaineder, kritisierte die Ausführungen des Landeschefs hingegen: "Jetzt, wo die Sanktionen gegen Russland ihre Wirkung voll entfalten, diese infrage zu stellen, sehe ich als schweren Fehler. Es ist die einzige wirkungsvolle Antwort, die wir in Europa aktuell haben, um den russischen Diktator von seinen Allmachtsfantasien abzubringen." "Befremdlich" ist für Kaineder auch Stelzers Überlegungen zur Wiederinbetriebnahme des Kohlekraftwerkes Riedersbach. Nötig seien vielmehr Initiativen am Weg zu einer echten Energieunabhängigkeit und ein sofortiger Start zum Ausbau Erneuerbarer in Oberösterreich.

Ins selbe Horn stieß auch die IG Windkraft. "Oberösterreich darf nicht in die klimapolitische Steinzeit abdriften! Neue Kohlekraftwerke errichten zu wollen, aber Windkraft auf Hügelketten abzulehnen, ist ein klimapolitischer Irrweg", zeigte sich Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG, überzeugt. Der Dachverband Erneuerbaren Energie Österreich (EEÖ) zeigt sich in einer Aussendung ebenfalls alarmiert. "Hier wird unter dem Deckmantel der aktuellen Energiekrise versucht, alten Klimakillern ein neues Kleid zu verpassen und sie so wieder salonfähig zu machen", beklagte EEÖ-Präsident Christoph Wagner.

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