1 Wo unterscheidet sich die Gaspolitik Österreichs von der deutschen?

Angesichts der Kürzung russischer Gaslieferungen nach Mitteleuropa haben sich die zuständigen Minister Österreichs und der Bundesrepublik, Leonore Gewessler und Robert Habeck (beide Grüne), entschieden, kurzfristig wieder den Einsatz von Kohle zur Stromerzeugung zuzulassen. Abgesehen davon unterscheiden sich die Strategien im Umgang mit dem Gasdilemma beträchtlich: Während Deutschland seit Februar intensiv nach neuen Bezugsquellen sucht und für individuelles Energiesparen wirbt, arbeitet Österreich primär am Auffüllen der Gasspeicher.

2 Wie läuft die Suche nach neuen Quellen für die Gasversorgung?

Hier unterscheidet sich schon die Ausgangslage massiv: Zum einen war Deutschland zu Beginn der Krise zu etwa 55 Prozent von Gasimporten aus Russland abhängig, Österreich zu 80 Prozent. Zum anderen hat es Deutschland über seinen direkten Zugang zum Meer einfacher, große Mengen per Schiff transportierten Flüssiggases als Ersatz einzukaufen. Eine Möglichkeit, die Österreich als Binnenstaat nicht hat. Habeck erklärt, Deutschland habe die Abhängigkeit von russischem Gas seit Beginn der Krise auf rund 35 Prozent reduziert – in Österreich stagniert sie um die 80 Prozent, auch weil die OMV, Österreichs größter Importeur, sich langfristig an russische Lieferanten gebunden hat. Der Konzern betont gegenüber der Kleinen Zeitung, auch Zugriff auf Flüssiggas-Terminals in Rotterdam und Lieferungen aus den USA und Qatar zu haben – in Summe machen diese aber nur einen kleinen Anteil der Lieferungen aus.

3 Wie unterscheidet sich die nationale Speicherstrategie?

Wenn man sich nur die Kennzahl des Füllstands anschaut, liegt Deutschland auch hier besser: Im Nachbarstaat sind die Gasspeicher derzeit zu rund 56 Prozent gefüllt, in Österreich "nur" zu rund 40 Prozent. Allerdings reichen Österreichs Speicherkapazitäten fast für einen ganzen Jahresbedarf von rund 95 Terawattstunden; die deutschen Kapazitäten reichen nur für etwa ein Viertel des Jahresbedarfs. In der Energiebehörde e-Control verweist man außerdem auf mehrere Gesetzesvorhaben: Mit der "strategischen Reserve" lagert Österreich derzeit rund 20 Terawattstunden "Staatsgas" ein – und man halte auch einen "Marketmaker"-Mechanismus bereit, um nötigenfalls mehr Gas anzukaufen.

4 Warum wirbt Österreich nicht offensiv fürs Energiesparen?

Deutschland wirbt großflächig, auch privat Energie zu sparen – etwa dafür, Gefrierfächer abzutauen. Auch Wirtschaftsminister Habeck ist mit dieser Aufforderung präsent, in Talkshows und vor allem auch in den sozialen Medien. In Österreich hebt man sich eine entsprechende Kampagne für den Herbst auf, heißt es aus dem Klimaministerium; in Deutschland spiele Erdgas eine wesentlich größere Rolle für die Stromerzeugung – weswegen schon jetzt laufend viel Gas gebraucht wird. In Österreich will man das Bewusstsein in der Heizsaison schärfen – außerdem würden schon allein die hohen Energiepreise Bevölkerung und Unternehmen motivieren, wenig zu verbrauchen, sagt Carola Millgramm von der e-Control. Allerdings, betont Gewessler: "Energiesparen ist immer wichtig – und jeder und jede kann dazu einen Beitrag leisten: Deckel auf den Topf beim Kochen, beim Autofahren Tempo reduzieren, Waschmaschine anfüllen und ab Herbst Heiztemperatur runter."