Es sind drastische Worte, die Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer wählt: Käme es zu einem EU-Embargo von russischem Gas, wäre das ein "wirtschaftliches Armageddon", sagte er am Dienstag. Aus einer Versorgungslücke würde ein "Versorgungskrater" entstehen. Von der Bundesregierung – und hier insbesondere von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) – fordert er rasch einen Energie-Masterplan.

"Für diesen Plan ist es energiepolitisch fünf nach zwölf", betonte Mahrer und legte nahe, bisherige Pläne für eine Klimaneutralität, die vor dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine entworfen wurden, zu verwerfen. Sie hätten "keine Relevanz mehr", die könne man dann zum Einheizen nehmen, wenn das Gas fehlt. Es sei "unverantwortlich, dass wir noch immer ohne Zahlen und Fakten diskutieren", kritisierte der Kammerboss und meinte: "Von dem hängt alles ab, alles hängt an dem." Mahrer in Richtung Gewessler: "Der Masterplan muss auf den Tisch."

Und es sei ebenso unverantwortlich so zu tun als käme bei einem Gasstopp Hilfe aus Deutschland oder Italien - diese Länder hätten dann nämlich selbst nicht genug Gas. Und die USA bräuchten ihres um die Preise in den Vereinigten Staaten niedrig zu halten. "Österreich muss selbst aktiv werden", forderte Mahrer. Wer behaupte, dass ein Ausstieg aus fossiler Energie in den nächsten Jahren möglich ist, verbreite eine "politische Lüge".

Überhaupt fordert Mahrer mehr Ehrlichkeit ein - auch welche Auswirkungen ein Gas- und Ölstopp auf die Preise für die Konsumenten hätte. Alleine das in der Nacht von der EU beschlossene Ölembargo könne die Preise an den Zapfsäulen zwischen 20 und 30 Cent je Liter erhöhen. Dies könne aber durch eine Freigabe der nationalen Reserven an Benzin und Diesel abgefangen werden. Hierzu gebe es aber keine Signale aus der Regierung. Initiativen vermisst Mahrer auch im Wasserstoffbereich und bei den E-Fuels, die allerdings umstritten sind, weil für ihre Erzeugung viel Strom notwendig ist. Für eine Senkung der Spritsteuer, wie sie morgen in Deutschland in Kraft tritt, zeigte sich Mahrer aufgeschlossen.

"Wer heute gegen die Klimaneutralität wettert, verkennt eindeutig: Genau das ist die Lösung", konterte der Grüne-Energiesprecher Lukas Hammer: "Es ist die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas, die uns in diese Situation gebracht hat. Es ist verständlich, dass Mahrer von seiner Verantwortung ablenken will. Ich fordere ihn auf, sich an Lösungen zu beteiligen, statt sie zu blockieren und auszubremsen." Klimaschutzministerin Leonore Gewessler arbeite "unermüdlich an den Krisen- und Ausstiegsplänen", so Hammer.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) versuchte aus Brüssel zu beschwichtigen: "Für Österreich wird ein aktives Gas-Embargo auch weiterhin kein Thema sein", sagte er: "Es ist wichtig, dass die Mitgliedsstaaten aufeinander Rücksicht nehmen. Sanktionen sind nur dann gut und wirksam, wenn alle Mitgliedsstaaten sie mittragen können."