Angesichts der Ukrainekrise schwenkt nun auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) auf die langjährige Forderung vieler Experten ein, Österreichs Verteidigungsausgaben auf ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen. "Was wir derzeit erreichen müssen, sind mindestens ein Prozent des BIP", sagte er gegenüber der "Süddeutschen Zeitung". Zuvor hatte dies auch die SPÖ gefordert.

Aktuell betragen die Verteidigungsausgaben Österreichs 0,74 Prozent des BIP, wie Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Donnerstag erklärt hat. Auch er hat sich grundsätzlich für die Aufstockung ausgesprochen, ohne aber ein genaues Ausmaß zu nennen. Thomas Starlinger, der Verteidigungsminister im Übergangskabinett Bierlein, hatte 2019 in seinem Zustandsbericht eine schrittweise Anhebung auf ein Prozent des BIP bis 2030 gefordert.

Auch die SPÖ verlangte am Freitag eine nachhaltige Anhebung des Budgets auf mindestens ein Prozent des BIP ab 2023. Das würde aktuell eine Anhebung von rund 2,7 auf 3,4 Mrd. Euro bedeuten. In fünf Jahren wären es fast knapp fünf Mrd. Euro. Als wichtigste Investitionsbereiche nennt SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer Cyberabwehr, ABC-Abwehr, persönliche Schutzausrüstung, Panzer-, Flugzeug- und Drohnenabwehr, Mobilität und autarke Kasernen.

Fliegerabwehr, Ausrüstung und Panzer benötigt

Verteidigungsministerin Claudia Tanner (ÖVP) zeigte sich am Samstag in einer Aussendung erfreut über die Forderungen, wollte den laufenden Verhandlungen aber nicht vorgreifen: "Derzeit werden die notwendigen Pakete und Erfordernisse für das Bundesheer intensiv ausgearbeitet und verhandelt", so die Ministerin.

Investitionen bräuchte es laut Aussendung an allen Ecken und Enden: Geld sei etwa zur Verbesserung der Ausrüstung und Bewaffnung der Truppe notwendig, außerdem gelte es, die Miliz zu stärken und den Bereich der Drohnen- und Fliegerabwehr zu verbessern. Zusätzlich müsse in die Mobilität des Heeres investiert werden, denn "seit den 90er Jahren" sei nicht mehr in Großgeräte wie Panzer investiert worden.

Grünen-Chef Vizekanzer Werner Kogler sagte am Rande des Grünen-Parteitages in Kärnten, "dass es nicht drauf ankommt, ob es 1,1 oder 0,9 Prozent mehr sind. Entscheidend ist, wofür das Geld verwendet wird. Die Frage ist, von welchem Bedrohungsbild man ausgeht und in welche Felder man investieren will". Das sei zu diskutieren und zu entscheiden, so Kogler.