Warum hat Österreich nicht sein maximal verfügbares Kontingent an Corona-Impfstoffen abgerufen? Diese Frage stand am Dienstag im Zentrum des "kleinen U-Ausschusses", bei dem der ehemalige Impfkoordinator Clemens Martin Auer befragt wurde.

Da der Ausschuss im Gegensatz zum Ibiza-Untersuchungsausschuss nicht medienöffentlich stattfindet und sich Auer nach seiner Befragung nicht öffentlich geäußert hat, obliegt es den teilnehmenden Vertretern der Parlamentsparteien, die Antworten des Befragten wiederzugeben. Unterschiedliche Interpretationen der Äußerungen waren die Folge.

Während sich die Opposition in ihrer Meinung bestätigt sah, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz über die Vorgänge beim Impfstoff-Kauf informiert gewesen sein muss und ein Kostendeckel schuld daran war, dass nicht das volle Kontingent ausgeschöpft wurde, meinte ÖVP-Abgeordneter Andreas Hanger, was Auer sagte und was die Opposition darüber berichtet, sei wie Tag und Nacht.

"Jeder verantwortungsbewusste Regierungschef hätte das mitbekommen müssen."

Eine klare Aussage von Auer, dass er Informationen über den Impfstoff-Kauf explizit an Bundeskanzler Sebastian Kurz bzw. den damaligen Gesundheitsminister Rudolf Anschober weitergeleitet habe, gab es wohl nicht.

"Was sich aus dem Zusammenhang aber herausstellt, ist, dass Auer seinem Ministerium alle Daten immer wieder vorgelegt hat", sagt Neos-Abgeordneter Douglas Hoyos. Zumindest Anschober muss seiner Meinung nach immer alle Fakten auf dem Tisch gehabt haben. Der meinte aber, von einem zweiten Topf zusätzlicher Impfdosen im Jänner nicht informiert gewesen zu sein.

Darüber hinaus habe Auer deutlich zu verstehen gegeben, dass der gesamte Prozess innerhalb der Regierung nie ein Geheimnis habe sein können. So soll der Spitzenbeamte etwa bei einem Termin im Herbst mehreren Ministern den Vorgang noch einmal erklärt haben. "Jeder verantwortungsbewusste Regierungschef hätte das mitbekommen müssen", so Hoyos. Auer selbst habe betont, es sei "weltfremd", dass er Entscheidungen dieser Tragweite alleine hätte treffen können. 

Auer habe "seine persönlichen Schlüsse daraus gezogen".

Kurz hatte aber, so sieht es der Neos-Abgeordnete, lange kein Interesse am Impfstoffkauf, obwohl er das Thema im Jänner zur Chefsache erklärt hat und seine engsten Mitarbeiter laufend über das Thema informiert wurden. Laut Hoyos bestätigte Auer am Dienstag, erst im März einen Termin mit Kurz gehabt zu haben. Am 15. März wurde er schließlich als Impfkoordinator abberufen.

Davor habe man ihn einfach werken lassen, ohne sich groß dafür zu interessieren, was passiert. So habe Auer auch den vorgegebenen Kostenrahmen von 200 Millionen Euro eingehalten und sei davon ausgegangen, dass diese Summe ausreicht, um genug Impfstoff kaufen zu können.

"Wie er selbst sagte, ist er ein Oldschool-Beamter, der sich an vorgegebene Rahmenbedingungen hält", so Hoyos. Den Vorwurf, nicht proaktiv gehandelt zu haben, könne man Auer vielleicht machen, es hätte aber nicht seinem Verständnis als Beamter entsprochen.

Von der ÖVP soll sich Auer während seiner Befragung zutiefst gekränkt gezeigt haben, schildert Hoyos. "Er meinte, er übernimmt gerne Verantwortung und ist nicht fehlerlos wie wir alle. Er habe aber seine persönlichen Schlüsse aus den Vorgängen gezogen. Ich habe das Gefühl, dass er sich als Bauernopfer sieht."