Am morgigen Samstag ist es genau ein Jahr her, dass Österreich in den ersten Lockdown geschickt wurde. Damit einher ging für viele Berufstätige der Wechsel ins Homeoffice. 1,5 Millionen Menschen haben seither zumindest zeitweise von zu Hause aus gearbeitet – und damit in einem rechtlichen Graubereich. Über ein Jahr später soll sich das mit dem Homeoffice-Gesetz ändern. Im Februar wurde es in Begutachtung geschickt, am 1. April soll es in Kraft treten. 

Für Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) ist das Gesetz nach seiner Amtsübernahme von Christine Aschbacher im Jänner ein erstes Prestigeprojekt. Lange wurde mit den Sozialpartnern darum gerungen. Zufrieden sind trotzdem nicht alle mit dem Entwurf: Die Begutachtungszeit war nur auf dreieinhalb Tage beschränkt. Die Arbeitnehmerseite kritisierte, dass entstandene Kosten nicht vollständig durch den Arbeitgeber übernommen werden. Und Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung wollten wegen der noch zu treffenden Betriebsvereinbarungen das Inkrafttreten auf 1. Juli nach hinten zu verschieben.

Kocher will vom Terminplan aber nicht abrücken und sieht sich mit den getroffenen Vereinbarungen auf dem richtigen Weg. Um das zu unterstreichen, präsentierte der Arbeitsminister eine OGM-Studie. Mehr als 2.000 Arbeitnehmer und Arbeitgeber wurden im November und Dezember des vergangen Jahres dafür befragt.

Das Ergebnis ist durchaus erfreulich: Mehr als 90 Prozent der Arbeitnehmer und Arbeitgeber bewerteten darin den Betrieb im Homeoffice als sehr gut oder eher gut. Doch unter den Chefs und ihren Mitarbeitern taten sich ähnliche Konfliktlinien auf, wie in den Verhandlungen mit den Sozialpartnern: Für Überstunden sollte es auch im Homeoffice Zuschläge geben, wenn die Arbeitsaufzeichnungen das belegen, meinte jeder vierte Mitarbeiter. Die Mehrheit der Arbeitgeber hält das aber nur für angebracht, wenn die Mehrarbeit angeordnet wurde.

Über ein Viertel der Beschäftigten gaben auch an, dass für sie im Homeoffice höhere Kosten entstehen. Das sahen aber nur sieben Prozent der Arbeitgeber so. Auch bei der Ausrüstung im Homeoffice herrscht Uneinigkeit: Zwei Drittel der Arbeitnehmer gaben an, die entsprechenden Geräte bereits besessen oder auf Eigenkosten angeschafft zu haben. Drei Viertel der Arbeitgeber wiederum meinen, fast die gesamte oder zumindest einzelne Geräte zur Verfügung gestellt zu haben. Kochers Gesetzesentwurf sieht vor, dass Arbeitgeber bis zu 300 Euro pro Jahr steuerfrei auszahlen dürfen, um Mehrkosten im Homeoffice zu decken. Weitere 300 Euro sollen die Arbeitnehmer als Werbungskosten absetzen können.

Der Produktivität und der Arbeitsdisziplin tut das Arbeiten im Homeoffice jedenfalls keinen Abbruch. Darin waren sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einig. Über 80 Prozent der Befragten nutzten aber zumindest gelegentlich auch ihren normalen Arbeitsplatz.

Höhere Belastung für Frauen soll verhindert werden

Das könnte auch daran liegen, dass die meisten Österreicher bei der Einrichtung eines Arbeitsplatzes improvisieren mussten. Gut ein Viertel der befragten Arbeitnehmer hatten keinen Schreibtisch und mussten auf den Ess- oder Küchentisch ausweichen. Das lag auch daran, dass viele in Partnerschaft lebende Personen gleichzeitig zu Hause arbeiteten. Eine Herausforderung bildete zudem die Kombination von Homeoffice mit der gleichzeitigen Betreuung von Kindern, was insbesondere von Frauen in der Studie angemerkt wurde.

Das Homeoffice-Gesetz soll aber nicht dazu führen, dass Frauen gleichzeitig zum Homeoffice auch mehr Kinderbetreuungspflichten wahrnehmen. “Das ist schlecht für die Betriebe, schlecht für die Frauen und schlecht für die Kinder”, so Kocher, der ankündigt, Entwicklungen diesbezüglich genau beobachten und das Gesetz gegebenenfalls adaptieren zu wollen. Eine Evaluierung soll in spätestens zwei Jahren erfolgen. “Es ist durchaus möglich, dass man in manchen Dingen nachbessern muss. Aber jetzt war das Gesetz wichtig, um Sicherheit zu geben”, sagt Kocher.

Geregelt werden sollen durch das neue Gesetz vorerst bewusst nur Arbeitsleistungen, die in einer Wohnung erbracht werden, nicht aber Telearbeit im Park oder einem Café. „Es würde sich sonst die Frage stellen, wenn man auf der Skipiste auf seinem Smartphone berufliche E-Mails beantwortet und dann stürzt, ob es sich dann um einen Arbeitsunfall handelt“, erklärt Kocher. „Es ist aber davon auszugehen, dass es irgendwann Regelungen braucht, die breiter gefasst sind.“