Die Verbreitung der südafrikanischen Mutation des Coronavirus in Tirol könnte zu einer Abschottung einzelner Gebiete führen. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass das ganze Land unter Quarantäne gestellt wird. Die Regierung prüft derzeit mit Experten alle Optionen, wie die APA aus informierten Kreisen am Donnerstag erfahren hat.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hat am Donnerstag einer möglichen Isolation Tirols aufgrund der Ausbreitung der südafrikanischen Coronavirus-Variante eine Absage erteilt. "Das gibt die Datenlage nicht her", sagte er im Landtag. Man müsse "natürlich immer auf der Hut sein", gab er zu bedenken. Dennoch müsse darauf geachtet werden, "dass die Verhältnismäßigkeit gegeben ist".

Die südafrikanische Variante wurde bisher 75 Mal identifiziert - nur mehr fünf Betroffene galten hier noch als aktiv positiv. In den vergangenen drei Tagen habe man sich mit Experten beraten, wobei beschlossen wurde, dass die Kontaktnachverfolgung und das Testen intensiviert werden sollen, so Platter. Es werde täglich evaluiert, welche Auffälligkeiten es gibt. Die britische Mutation wurde in Tirol übrigens bisher bei 21 Personen festgestellt, wovon noch eine Person aktiv positiv sei

Anschober: Situation ist ernst

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bezeichnet davor die Situation in Tirol als "ernst". Das Land Tirol hat, wie der Minister am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien sagte, noch am Mittwoch ein "sehr straffes Fünf-Punkte-Programm aufgestellt, mit dem die Situation genau untersucht werden soll".

Bis Sonntag werden die Ergebnisse noch einmal analytisch angesehen. Die Virologin Dorothee von Laer von der Med-Uni Innsbruck vertrat in Interviews am Mittwoch die Ansicht, dass das Land Tirol angesichts des Auftretens neuer lokaler Corona-Varianten für ein Monat isoliert gehört. Die Beraterin der Bundesregierung übte scharfe Kritik am Land Tirol im Umgang mit den Corona-Mutanten und warnt vor einem "zweiten Ischgl". 

Nach Informationen der APA sind die anderen Expertenberater der Regierung nicht alle der Meinung der Virologin. Es würden unterschiedliche Zahlen vorliegen, die nun geprüft werden müssen. So soll es entgegen der Aussagen von Von Laer keine eigene Tirol-Mutation des Südafrika-Virus geben. Die Regierung sei sich aber der Problematik bewusst.

"Land mauert und verschleiert"

"Es gibt einen starken Anstieg. Aber das Land Tirol mauert und verschleiert wieder", wird von Laer in "Kurier" (Donnerstagausgabe) zitiert. Die Virologin wirft dem Land Tirol Untätigkeit beim Einfangen der Virusvariante vor und warnt vor einem "zweiten Ischgl". "Sie habe bereits vor einer Woche angeboten, Sequenzierungen durchzuführen. "Stattdessen werden die Proben weiter an die AGES geschickt, von wo sie dann nach ein bis zwei Wochen wiederkommen. Wir sequenzieren hier in zwei bis drei Tagen", erklärt die Virologin.

Geht es nach ihr, müssten drastische Maßnahmen ergriffen werden, über die von einer Taskforce beraten werden müsste. "Aber ich bin der Meinung, man müsste Tirol für ein Monat isolieren - vom Rest von Österreich und dem Ausland."

Wie Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) dazu steht, wird man vielleicht Donnerstagmittag wissen. Denn wie SPÖ-Landeschef Georg Dornauer am Mittwochabend der APA berichtete, hat der Landeshauptmann die Klubchefs für den Vormittag zu einer Besprechung am Rande der Landtagssitzung gebeten. Dornauer wertet das als seinen Erfolg. Er will von Platter wissen, welche Strategie dieser habe, die Mutation in Griff zu bekommen. Zudem solle der Landeshauptmann sagen, ob Tirol vor dem nächsten Lockdown stehe.