Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) sieht sich angesichts der Vorwürfe gegen seine Parteifreundin Arbeitsministerin Christine Aschbacher, was die Qualität von und eventuelle Plagiate in ihrer Dissertation und Diplomarbeit betrifft, an den ehemaligen deutschen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) erinnert.

Dass Arbeiten von Politikerinnen und Politikern im Fokus medialer Aufmerksamkeit stehen, sei nicht neu, sagte Faßmann am Rande einer Pressekonferenz am Samstag: "Mir fällt spontan Guttenberg ein, den es ganz hart getroffen hat". Zu Guttenberg war nach der Aberkennung seines Doktortitels 2011 als Verteidigungsminister zurückgetreten.

Die Fachhochschule Wiener Neustadt, wo Aschbacher 2006 ihre Diplomarbeit verfasst hat, prüft derzeit wegen massiven Vorwürfen, Aschbacher habe bei der mit "Sehr Gut" bewerteten Arbeit abgeschrieben. Vermutlich werde es eine externe Begutachtung geben. Deren Ergebnisse müsse man abwarten, sagte der Wissenschaftsminister. Keine Stellungnahme gibt es vorerst vom Bundeskanzleramt.

"Systematische Verschleierung" bei Dissertation

Neben ihrer Diplomarbeit steht auch Aschbachers erst 2020 eingereichte Doktorarbeit an der Slowakischen Technischen Universität in Pressburg auf dem Prüfstand.

Ende Mai vergangenen Jahres - also kurz nach Ende des ersten Lockdowns - hatte Aschbacher die Dissertation unter dem Titel "Entwurf eines Führungsstils für innovative Unternehmen" eingereicht, im August hielt sie die Defensio.

Für die 134-seitige, teils in holprigem Deutsch gehaltene Arbeit hat Aschbacher mehrere Interviews mit Führungskräften österreichischer Unternehmen über ihren "Führungsstil" geführt.

Die ganze Dissertation 2.25 MB

Dissertation Aschbacher

Der selbsternannte Plagiatsjäger Stefan Weber hat die Dissertation, die Aschbacher in ihrer Zeit als Ministerin im Mai 2020 an der Technischen Universität Bratislava eingereicht hatte, mit einer Software zur Erkennung von Plagiaten überprüft. Demnach besteht der Text zu 21 Prozent aus Plagiaten, also aus Textpassagen, die aus anderen Quellen übernommen wurden, ohne sie als Zitate auszuweisen. "Das ist ein sehr hoher Wert", befindet Weber, der zudem wegen der "systematischen Verschleierung" indirekter Zitate von einer deutlich höheren Dunkelziffer ausgeht.

"Annahmen sind wie Seepocken"

Für Aufsehen sorgen unter anderem die Zitierungen: So hat Aschbacher mehrere Absätze aus einem Artikel von "Forbes" übernommen, auf zwei Stellen der Dissertation aufgeteilt und nur marginal abgeändert:

Aschbachers Sprecher erklärt der Kleinen Zeitung gegenüber, dass die 2012 angemeldete Arbeit im Wesentlichen Ende 2019 fertiggestellt gewesen sei, also bevor Aschbacher Ministerin wurde. 2020 seien dann nur noch einige Formalitäten zu erledigen gewesen. Jedenfalls habe die Ministerin "nach bestem Wissen und Gewissen" gearbeitet, sowohl bei der Dissertation wie auch bei der Diplomarbeit.

Opposition fordert Rücktritt

Die FPÖ forderte am Samstag die Aberkennung der akademischen Titel und den Rücktritt der Ministerin. "Der Kanzler muss sofort den Rücktritt seiner Ministerin einleiten, um weiteren Schaden von der Republik abzuwenden", forderte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz in einer Aussendung. Die Dissertation lese sich, als sei sie von einem Ghostwriter mit nicht-deutscher Muttersprache oder von einem Übersetzungsprogramm geschrieben worden.

Auch aus der SPÖ kamen am Wochenende Rücktrittsforderungen - unter anderem vom Nationalratsabgeordneten Max Lercher: "So geht es jedenfalls nicht, dass man von den normalen Leuten fordert, immer noch mehr zu leisten und sich dann selber durchschummelt."