Am 161. Tag im Grasser-Prozess ging es am Dienstag Schlag auf Schlag. Zuerst gab es den ersten Freispruch im laufenden Verfahren - allerdings an einem Nebenschauplatz, der Anklage zu Telekom-Valora. Und dann ergriff auch noch der angeklagte Lobbyist Peter Hochegger das Wort und belastete einmal mehr Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, dem er fortwährende Unwahrheiten vor warf. Hochegger hatte zu Prozessbeginn im Dezember 2017 ein Teilgeständnis abgelegt.

Zuvor hatte schon die Staatsanwaltschaft Grasser in Erklärungsnot gebracht. Sie legte einen Zeitungsartikel vor, wonach Grasser bei einem Society-Event mit Meischberger und dem mitangeklagten Immobilienmakler Ernst Karl Plech abgebildet war. Davor hatte Grasser stets behauptet bei diesem Golfturnier nicht anwesend gewesen zu sein. Die Staatsanwaltschaft hegt den Verdacht, dass Grasser Meischberger mitgeteilt hat, dass die Immofinanz über 960 Mio. Euro für die Buwog hinblättern müsse, um den Zuschlag im Bieterverfahren zu erhalten - was Grasser bestreitet. Er schränkte seine Angaben heute darauf ein, dass er sich im relevanten Zeitraum mit Meischberger nicht getroffen habe. Denn die Abgabe der Angebote für die Bundeswohnungen sei einen Tag vor dem Golfturnier gewesen.

Grasser gab sich bei der Befragung durch die Staatsanwälte sehr schweigsam, Fragen von Richterin Marion Hohenecker beantwortete er hingegen ausführlich. Er wirft der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vor sie hätte einseitig gegen ihn ermittelt. Rund 100 Personen hätten von der Zahl 960 Mio. Euro gewusst, nämlich die damit Befassten in der CA Immo, der Bank Austria und im Finanzministerium. Die Behauptung der Anklage, dass er der einzige gewesen sei der von dieser Zahl gewusst und sie weitergegeben habe, wies Grasser zurück. "Die Staatsanwaltschaft sagt, dass ich sinngemäß der einzige Trottel unter lauter Wissenden gewesen wäre, weil ich hätte das als einziger als Obergrenze gesehen", empörte sich der Angeklagte bei seiner Stellungnahme im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts.

Anschließend ergriff Hochegger das Wort und konterte Grasser, der ihm seit seinem Teilgeständnis der Lüge bezichtigt. Sein ehemaliger Geschäftspartner sei ein "großer Meister im Weglassen von Wahrheiten, kombiniert mit Verzerrungen und Attacken", so Hochegger im Wiener Straflandesgericht. Absprachen zwischen seinem ehemaligen Anwalt und der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft habe es nicht gegeben, betonte Hochegger auf entsprechende Vorwürfe von Grasser. Dies habe erst kürzlich eine parlamentarische Anfrage an das Justizressort bestätigt. Es geht dabei um ein Treffen von Meischbergers früherem Anwalt mit der WKStA im Jahr 2016. Damals habe der Anwalt der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass er, Hochegger, einen Beitrag zur Wahrheitsfindung leisten werde.

Hochegger bekräftigte heute erneut, dass ihm im Herbst 2005 ein Bankberater aus Liechtenstein, Christoph W. gesagt habe, dass das Geld aus der Buwog-Provision in Liechtenstein zu je einem Drittel auf Grasser, Meischberger und Ernst Plech aufgeteilt werde. Er habe ihm einen Zettel mit den drei Namen der Konten gezeigt. Davon habe er im Jahr 2014 seinem damaligen Anwalt berichtet. Darüber legte Hochegger heute eine eidesstattliche Erklärung seines früheren Anwalts vor, der darin dieses Gespräch im Jahr 2014 bestätigte.

Überraschender Freispruch für Telekom-Manager

In der Causa Telekom, einem Teil des Grasser-Prozesses, ist es am Dienstag überraschend zu einem - nicht rechtskräftigem - Urteil gekommen. Der angeklagte Ex-Telekom Austria-Manager und frühere ÖVP-Organisationsreferent Michael F. ist vom Schöffensenat vom Vorwurf der Geldwäsche freigesprochen worden. Es habe ihm das Wissen zu der vorgeworfenen Geldwäsche gefehlt, so die Begründung. Die Staatsanwaltschaft gab nach dem Urteil kein Kommentar ab, wodurch dieses noch nicht rechtskräftig ist. Für die drei weiteren Angeklagten in der Telekom-Causa, Meischberger, Hochegger und Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer, geht das Verfahren weiter.

Michael F. war früher ÖVP-Organisationsreferent und später Bereichsleiter für "Public Affairs" bei der Telekom Austria. Laut Anklage soll er veranlasst haben, dass aus Mitteln der Telekom über die Valora von Peter Hochegger Rechnungen von Werbe- und PR-Agenturen in Höhe von 120.000 Euro bezahlt wurden, denen jedoch keine Leistungen der Telekom gegenüberstanden. Stattdessen sei es um Spenden der Telekom an politische Parteien gegangen. Dabei ging es um die Rechnung von 96.000 Euro der Agentur White House für den Wahlkampf der Jungen ÖVP im Jahr 2008, die von der Valora mit Telekom-Geldern bezahlt wurde. Weiters ging es um Gelder für den Wahlkampf der ehemaligen ÖVP-Abgeordneten Karin Hakl.

Der für Dienstag geladene Zeuge Burkhard Graf hat sich krankheitsbedingt entschuldigt. Grassers "Wahlonkel" hatte eine eidesstattliche Erklärung abgegeben, dass ihm gegen Jahresende 2005 Grasser gesagt habe, er habe 500.000 Euro von seiner Schwiegermutter bekommen.