Pro von Andrea Brennacher-Springer

Mit gratis durchgeführten Tests an den Grenzen könnte man auf Reisewarnungen teilweis verzichten.

Wir als Reiseunternehmen sind tagtäglich mit den Maßnahmen einzelner Staaten, Bundesländer oder Regionen konfrontiert und beschäftigt. Da diese oft sehr kurzfristig getroffen werden und bei unseren Gästen viele Fragen aufwerfen, für die es oft keine zufriedenstellenden Antworten gibt, hoffen wir sehr auf eine gemeinsame Vorgehensweise.

Ja, ich spreche mich für Gratistests an den Grenzen aus, jedoch ohne verpflichtende Quarantäne für Rückreisende, solange das Testergebnis noch nicht feststeht. Corona-Tests sollen keine Drohung, sondern ein adäquates Mittel zur Bekämpfung der Pandemie dienen. Mit gratis durchgeführten Tests an den Grenzen könnte man auf Reisewarnungen teilweise verzichten.

Das System der Reisewarnungen in Österreich basiert auf der Prämisse, dass es in Österreich am sichersten sei, aber es ist nicht dazu geeignet, die jetzige Situation realistisch zu bewerten. Es gibt jedoch auch Länder, die tatsächlich deutlich geringere COVID19-Fallzahlen aufweisen als Österreich – dennoch werden für diese Länder Reisewarnungen ausgesprochen.

Urlaub im Ausland so sicher wie in Österreich

Aus meiner Erfahrung der letzten Wochen kann ich auf jeden Fall berichten, dass man Urlaub im Ausland, wie etwa in Griechenland, in Italien, in Slowenien oder in Deutschland mindestens so sicher wie in Österreich verbringen kann, da diese Länder umfangreiche Maßnahmen setzen, und es vom eigenen verantwortungsbewussten Verhalten abhängt, Infektionen zu verhindern.

Ich würde es sehr begrüßen, wenn auf europäischer Ebene an einer einheitlichen Lösung gearbeitet wird. Gute Ansätze gibt es ja viele – nicht nur bei uns - beispielsweise in Deutschland oder Italien. Auch Griechenland geht äußerst strukturiert und organisiert mit der aktuellen Situation um: Bis 24 Stunden vor Anreise füllt man ein Formular unter „http://travel.gov.gr“ aus und bekommt einen QR-Code elektronisch (Mail, SMS) zugeschickt.

Gefühl der Sicherheit

Nach dem Test, welcher zum Beispiel am Flughafen durchgeführt wird und nur wenige Sekunden dauert, kann man sofort zu seiner Unterkunft/Zielort weiterreisen. Sollte der Test positiv sein, wird man innerhalb kürzester Zeit verständigt. Ich plädiere innerhalb Europas für Gratis-Testungen, die Worte „Grenzen“ und „schließen“ gefallen mir als Mitglied der Europäischen Union nicht.

Mit Gratis-Testungen an den Grenzen soll ein Gefühl der Sicherheit entstehen. Ich bin der Meinung, dass Unsicherheiten und somit Angstgefühle zu großen gesundheitlichen, wirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Schäden führen können.

Contra von Gesundheitsminister Rudolf Anschober

Ich glaube, dass es für die große Mehrheit nachvollziehbar ist, dass in diesen Fällen Eigenverantwortung besteht.

Österreich investiert in diesen Wochen 240 Millionen Euro für die Durchführung von Corona-Tests mit vollständiger Finanzierung durch die Bundesregierung. Jeder Test, der über unsere medizinische Hotline 1450, die von den Ländern organisiert wird, umgesetzt wird, ist gratis.

Die Screening-Angebote für Menschen ohne Symptome wurden ebenfalls massiv ausgebaut. Dabei handelt es sich um Gruppen, bei denen ein höheres Risiko bestehen könnte: Menschen in sehr schwierigen Wohnverhältnissen oder Arbeitssituationen, Menschen in Gesundheitsberufen sowie Pflegerinnen und Pfleger. Dazu kommt das Angebot für MitarbeiterInnen im Tourismus.

Und nun neu, das Angebot für Reiserückkehrer aus Risikoregionen VOR der Umsetzung konkreter verschärfter Einreisebedingungen für diese Regionen. Alleine bis Donnerstag wurden von Kroatien-Reiserückkehrern 11.000 derartige Tests beansprucht. Mit großem Erfolg übrigens, denn bei 175 Personen musste bisher eine Infektion festgestellt werden. Personen, die ohne Symptome sind und die daher ohne Screening-Programm nicht getestet und damit nicht gefunden worden wären.

Eigenverantwortung

Mittlerweile haben wir in Summe in Österreich weit über eine Million derartiger Tests durchgeführt. Und wir können die Zielgruppen für die Gratis-Screeningangebote jederzeit erweitern, wenn eine klare epidemiologische Begründung vorliegt und das freiwillige Angebote sind.
Für einige Regionen in Europa – zum Beispiel Serbien, Kosovo, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Festland von Spanien, Balearen – liegen mittlerweile Reisewarnungen und verbindliche, verschärfte Einreisebedingungen vor. Diese beinhalten die Notwendigkeit einer Testung.

Ich glaube, dass es für eine große Mehrheit nachvollziehbar ist, dass in diesen Fällen auch eine Form von Eigenverantwortung besteht und diese Tests – im Land aus dem zurück gereist wird oder nach der Einreise nach Österreich – selbst bezahlt werden müssen.

"Nicht kosteneffizient"

Gleiches gilt übrigens für das von manchen geforderte Testangebot direkt an den Grenzen. Ich sehe derzeit große Vorteile für unsere Labore sowie die 47 regionalen Drive-In-Teststationen in ganz Österreich. Diese sind wohnortnahe, einfach erreichbar, verursachen nur selten Staus und haben damit geringere Wartezeiten. Eine völlig neue Teststruktur an den Grenzen zu errichten – für noch drei Wochen Reisesaison – wäre weder kosteneffizient noch praktikabel.