Bisher galt sie bloß als Gespenst, das durch das Wiener Rathaus geisterte: die Dirndl-Koalition, also eine Mehrheit aus ÖVP, Grünen und Neos, die den SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig nach der Gemeinderatswahl im Oktober ablösen könnte. Lächerlich sei das, hieß es dazu aus den Dirndl-Parteien, nicht mehr als ein roter Spin.

Doch vergangene Woche nahm das Phantom Gestalt an. Am Mittwoch stellte die grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein gemeinsam mit dem ÖVP-Bezirksvorsteher Markus Figl ihren Plan für die autofreie Innenstadt vor. Mit dabei war auch ein Abgeordneter der City-Neos. Die SPÖ war nicht an Bord. Ist der Dirndl-Plan also doch real?

Wohl genauso wenig wie die „autofreie“ Innenstadt (da werden dank vieler Ausnahmen noch ziemlich viele Autos fahren). Die Bezirks-SPÖ war in den zweijährigen Planungsprozess nämlich bis zuletzt eingebunden. Dass sie nicht an der gemeinsamen Präsentation teilnehmen wollte, teilten die Roten erst am Vorabend mit – nachdem Michael Ludwig mit seiner Veto-Drohung ein strategisches Machtwort gesprochen hat.

Umfragen sehen keine Mehrheit ohne SPÖ

Oft tut er das nicht. Muss er aber auch nicht. Die Themenlage sei derzeit gut für die Sozialdemokratie, freut man sich im Rathaus. Ludwig habe hohe Beliebtheitswerte, die SPÖ treffe das Gefühl der Wiener am besten. Interne Umfragen ergeben, dass zehn Prozent der Sebastian Kurz-Wähler von 2019 in Wien die SPÖ wählen wollen. Bei den Grün- und Neos-Wählern der Nationalratswahl sind es sogar zwanzig Prozent. Keine Umfrage lässt eine Mehrheit ohne die SPÖ zu.

Auch ohne Dirndl-Gespenst wird die SPÖ Wähler mobilisieren müssen. Vor fünf Jahren gelang das durch ein inszeniertes Kopf-an-Kopf-Rennen mit Heinz-Christian Strache. Als Konkurrent taugt der dieses Mal nicht mehr. Strache, der mit seiner neuen Partei zur Wahl antritt, wird sich eher mit Dominik Nepp duellieren, der die Wiener FPÖ übernommen hat. Die zog sich zuletzt zur Klausur nach Bad Blumau zurück. Am Vorabend versammelte sie ein paar Hundert Anhänger am Viktor-Adler-Markt. Unterstützung kam von Klubobmann Herbert Kickl, der sich darüber freute, dass nur wenige Menschen einen Mund-Nasen-Schutz trugen. Und von Norbert Hofer, der den Koran mit Corona verglich. Damit hat der Wahlkampf-Spuk tatsächlich begonnen.