Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat ihre Ermittlungen in der Causa Casinos rund um einen FPÖ-Politpostenschacher ausgeweitet. Nicht nur haben sich die ursprünglichen Verdachtsmomente erhärtet, sondern auch weitere Verdachtslagen gegen teils auch weitere Beschuldigte ergeben, so die Behörde. Gestern gab es erneut Razzien.

Gegen die Beschuldigten wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit, der Bestechung, Untreue und des Missbrauchs der Amtsgewalt ermittelt, teilte die WKStA am Donnerstag mit.

Im Zuge der Ermittlungen haben am Mittwoch wieder Hausdurchsuchungen stattgefunden, bestätigte die Behörde. Durchgeführt hat sie die beim Bundeskriminalamt eingerichtete Soko, bei "nahezu allen Standorten" waren Oberstaatsanwälte der WKStA dabei. Auch IT-Experten der Justiz waren anwesend, so die WKStA in einer Aussendung.

An wievielen Standorten die Hausdurchsuchungen stattgefunden haben, sagte ein Behördensprecher auf APA-Nachfrage nicht. Die Razzien wurden jedenfalls gerichtlich bewilligt und vorab der Oberstaatsanwaltschaft Wien berichtet. Medienberichten zufolge sind die Ermittler am Mittwoch in der Novomatic-Zentrale in Gumpoldskirchen und beim früheren FPÖ-Mandatar Markus Tschank - in dessen Rechtsanwaltskanzlei in Wien - aufgekreuzt. Im Visier der Ermittler soll eine 240.000-Euro-Zahlung von Novomatic an das FPÖ-nahe "Institut für Sicherheitspolitik" (ISP) stehen.

ISP-Vereinsobmann Tschank

ISP-Vereinsobmann ist Tschank, der auch mit Novomatic-Pressesprecher Bernhard Krumpel früher, bis 2016, eine Beratungsgesellschaft namens Polimedia hatte. Die Gesellschaft hat dann laut einem Zeitungsbericht der Ex-FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo übernommen, der später, im Jahr 2019, für einige Monate, Finanzvorstand der Casinos Austria wurde. Polimedia hat dem "Standard"-Bericht zufolge ebenfalls Rechnungen an das ISP gestellt.

Die Ermittler fragen sich, ob Novomatic das Geld an den FPÖ-nahen Verein gezahlt hat, um an Glücksspiellizenzen zu kommen. Auch die Bestellung Sidlos zum Casinos-Austria-Finanzvorstand ist Gegenstand der strafrechtlichen Untersuchungen. Novomatic hat sich für die Bestellung Sidlos eingesetzt; der niederösterreichische Konzern hielt bis vor kurzem 17 Prozent an den teilstaatlichen Casinos Austria. Die Ermittler glauben, dass die FPÖ im Gegenzug ein Entgegenkommen bei der Vergabe von Glücksspiellizenzen versprochen habe. Beide Seiten haben dies bisher vehement zurückgewiesen, es gilt die Unschuldsvermutung.

Die WKStA prüft daneben auch noch den Vorwurf der Untreue im Zusammenhang mit der Abberufung von zwei früheren Vorstandsmitgliedern der Casinos Austria AG.

Missbrauch der Amtsgewalt

"Weiters ist Gegenstand unserer Ermittlungen der Verdacht des Missbrauchs der Amtsgewalt gegen ehemalige Verantwortliche des Bundesministeriums für Finanzen hinsichtlich der Wahrnehmung der ihnen nach dem Glücksspielgesetz bei der Vorstandsbestellung zukommenden Kontroll- und Aufsichtsbefugnisse", so die WKStA.

Die Glücksspielaufsicht ist im Finanzministerium angesiedelt, gleichzeitig hält das Ministerium - via Beteiligungsholding ÖBAG - ein Drittel an den Casinos Austria. Diese Doppelrolle wird von Gegnern des Glücksspielmonopols, das ja dem Spielerschutz dienen soll, immer wieder kritisiert.

Der Untreuevorwurf der WKStA richtet sich dem Vernehmen nach gegen Aufsichtsräte der Casinos Austria. Der Aufsichtsrat hat grundsätzlich das Unternehmen gegenüber dem Vorstand zu verteidigen, das ist aus Sicht der Ermittler bei den Casinos wohl nicht in ausreichendem Maße geschehen.

Gegen wen aus dem Finanzministerium (zusätzlich) ermittelt wird, sagte die WKStA nicht. Auch die Zahl der Beschuldigten wurde nicht genannt, zumal sich diese laufend ändern könne. Das Verfahren sei "sehr dynamisch", wie es zur APA hieß.

Der Ursprungsverdacht der Ermittler ist laut Aussendung vom Donnerstag, "dass von Verantwortlichen eines Glücksspielunternehmens Amtsträgern der Republik Österreich korruptionsstrafrechtlich relevante Vorteile für die parteiische Vergabe von Glücksspiellizenzen und die wohlwollende Unterstützung bei regulatorischen Glücksspielbelangen zusagt worden sind".

Einige Namen von Beschuldigten sind schon länger bekannt: Ermittelt wird in der Causa Casinos etwa gegen Novomatic-Gründer Johann Graf, Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann, Ex-Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), Ex-Vizekanzler und Casinos-Aufsichtsrat Josef Pröll (ÖVP), Casinos-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner und ÖBAG-Chef Thomas Schmid. Für sie alle gilt die Unschuldsvermutung. Sämtliche Vorwürfe wurden bisher bestritten.

In der Causa Casinos gab es bereits im August und im November Razzien. Im Zuge der Hausdurchsuchungen im Sommer war auch Straches Handy beschlagnahmt worden, das er aber schon wieder zurückbekommen hat.

Der Verein ISP hat laut einem früheren Zeitungsbericht im Gegensatz zu anderen FPÖ-nahen Vereinen, gegen die ermittelt wird, nicht nur private Spenden bekommen, sondern auch Steuergeld. Das Verteidigungsministerium zahlt ISP laut "Standard" von 2017 bis 2020 jährlich 200.000 Euro für Kooperationen.

Zahlung und Leistung

Für die Novomatic-Zahlung an den Verein in Höhe von 240.000 Euro gab es laut Novomatic-Sprecher Krumpel bereits Leistungen. "Es wurden bereits 2018 und 2019 Leistungen durch das ISP im Rahmen des Vertrages erbracht. Der Gegenwert der Leistungen kann vertragsbedingt erst zu Jahresende 2020 entsprechend der Vereinbarung bewertet werden", teilte Krumpel der APA mit. Der Vertrag läuft drei Jahre, er endet am 31. Dezember 2020.

Die Causa Casinos ist nach wie vor eine Verschlusssache, erinnerte die WKStA am Donnerstag.

Tschank war am Donnerstag vorerst für die APA nicht zu erreichen.