Sind es diesmal tatsächlich sechs grüne Parteien, die an vorderster Front um die künftige Sitzverteilung im Nationalrat rittern? Diesen Eindruck könnte man als Beobachter des Wahlkampfs gewinnen. Die Tatsache, dass die Klimakrise laut übereinstimmenden Umfragen unter den Wählern zum wichtigsten Zukunftsthema aufgestiegen ist, lässt den Parteien gar keine andere Wahl: Bekenntnisse zum Klimaschutz und zu den Klimazielen von Paris gehören inzwischen zum politischen Überlebenswerkzeug.

Doch wie ernst nehmen es die Parteien mit der Klimapolitik tatsächlich? Bohrt man tiefer, treten teils deutliche Unterschiede zutage. Das beginnt bei der kurzfristigen Reduktion der Emissionen. Während ÖVP und FPÖ dn dem fixierten Ziel von minus 36 Prozent bis 2030 festhalten, schlagen SPÖ, Neos, Jetzt und Grüne satte 60 Prozent weniger CO2 vor. Hintergrund ist, dass Forscher seit Jahren vorrechnen, dass das bisherige Ziel nicht genügt, um den Paris-Vereinbarungen gerecht zu werden.

Noch weiter auseinander gehen die Positionen in der Frage, wie die jeweiligen Ziele erreicht werden sollen. Während die drei großen Parteien fast ausschließlich auf Anreize setzen, schwebt Grünen, Jetzt und zum Teil auch den Neos ein gröberer Systemumbau vor. Kernelement ist hier eine ökologische Steuerreform mit einer Bepreisung des CO2-Ausstoßes und im Gegenzug einer allgemeinen finanziellen Entlastung in Form niedrigerer Lohnnebenkosten oder eines Öko-Bonus. Eine CO2-Bepreisung wird von Türkis, Blau und Rot dagegen abgelehnt. Für Sigrid Stagl, Ökonomin an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) ein schwer nachvollziehbarer Standpunkt: „Es kommt immer wieder dasselbe Argument, dass das die Kleinen belasten würde. Das stimmt aber so nicht und dient als Ausrede.“ Für die Ökonomin ist klar: Nur mit Anreizen alleine lasse sich die Wende nicht herbeiführen.

Grüne und Jetzt fordern zudem einen Stopp klimaschädlicher Großprojekte, während ÖVP, FPÖ und SPÖ dezidiert für den Bau der dritten Flughafenpiste in Schwechat eintreten. Weiterer Unterschied: SPÖ, Jetzt und Grüne fordern, bereits ab 2030 bzw. 2028 keine fossilen Fahrzeuge mehr zuzulassen.

Die Umweltorganisation Global 2000 hat die Parteiprogramme auf ihre klimapolitische Ambition hin bewertet. Die Grünen erreichten hier mit 24 von 25 möglichen Punkten den höchsten Wert, gefolgt von SPÖ (17), Neos (16), Liste Jetzt (15), ÖVP (9) und FPÖ (4).

ÖVP: Wasserstoff als Heilmittel

Die ÖVP bekennt sich zur CO2-Neutralität bis 2045, will aber die Ziele bis 2030 bei minus 36 Prozent belassen. Die Energieversorgung soll bis 2030 zu 45 bis 50 Prozent erneuerbar sein, die Stromversorgung zu 100 Prozent. Maßnahmenseitig liegt der Fokus auf technischer Innovation und Forschung gepaart mit Förderanreizen. Zentrales Element ist die Forcierung der Wasserstofftechnologie, in der die ÖVP den entscheidenden Hebel sieht, die Klimawende einzuleiten. Eine Bepreisung von CO2 im Zuge einer ökologischen Steuerreform wird abgelehnt.

SPÖ: Günstige Öffis in drei Stufen

In der SPÖ wünscht man sich die Klimaneutralität Österreichs ab dem Jahr 2040. Bis 2030 sollen die Emissionen rechtsverbindlich um 60 Prozent absinken, der Strom soll dann zu 100 Prozent aus erneuerbaren Trägern kommen. Umweltschädliche Förderungen sollen bis 2025 abgebaut werden. Zudem fordert die SPÖ ein günstigeres Öffi-Jahresticket in drei Stufen (365 Euro für ein Bundesland, 730 Euro für zwei Länder, 1095 Euro für ganz Österreich), eine Ökologisierung der Pendlerpauschale und eine flächendeckende Lkw-Maut im Güterverkehr. Eine CO2-Besteuerung wird abgelehnt.

FPÖ: "Umweltprämie" für neue Autos

Österreichs Emissionen sollen laut FPÖ bis 2050 auf netto Null absinken, bis 2036 sollen es minus 36 Prozent sein. Die Energieversorgung soll bis 2030 zu 50 Prozent erneuerbar sein, beim Strom zu 100 Prozent. Als Maßnahmen sieht die FPÖ eine „Umweltprämie“ vor: 3000 Euro soll es vom Staat zum Kauf eines neuen Autos dazugeben, wenn dafür ein mindestens zwölf Jahre altes verschrottet wird. Eine Öko-Steuerreform wird abgelehnt, ein Enddatum für Benzin- und Dieselfahrzeuge gibt die Partei nicht an. Wie alle anderen Parteien ist die FPÖ für eine Nahverkehrs-Milliarde zur Öffi-Finanzierung.

Neos: Co2-Steuer statt Nova & Co

Österreich soll nach Vorstellung der Neos bis 2040 klimaneutral sein, bis 2030 sollen die Emissionen um 60 Prozent sinken. 2030 soll zudem die Energieversorgung zu 70 Prozent auf erneuerbaren Quellen beruhen, die Stromversorgung zu 100 Prozent. Vorgesehen ist bei den Neos auch eine CO2-Steuer, für die im Gegenzug aber andere Umweltsteuern wie die Nova oder die motorbezogene Versicherungssteuer komplett entfallen sollen. Klimaschädliche Förderungen sollen bis 2025 abgebaut werden, bis 2030 sollen alle Ölheizungen ersetzt werden.

Liste Jetzt: Höhere Steuer auf Nicht-Bio-Fleisch

Geht es nach der Liste Jetzt, soll Österreich bis 2040 CO2-neutral sein und bis 2030 60 Prozent der Emissionen einsparen. Bis 2030 sollen alle Ölheizungen gegen ökologische Heizungen getauscht werden, zudem sollen dann nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zugelassen werden. Die Liste Jetzt tritt für eine CO2-Steuer ein, die Mehreinnahmen sollen als Pro-Kopf-Zahlungen an die Bürger zurückfließen. Schädliche Subventionen sollen bis 2025 abgebaut werden, klimaschädliche Großprojekte sind zu stoppen. Gefordert wird auch, die Mehrwertsteuer auf konventionell erzeugtes Fleisch auf 20 Prozent anzuheben.

Grüne: Öko-Reform um acht Milliarden

Die Grünen haben das weitreichendste Klima-Programm. Österreich soll bis 2040 klimaneutral werden, bis 2030 sollen die Emissionen rechtsverbindlich um 60 Prozent sinken. Die Energieversorgung soll sich 2030 zu 60 Prozent aus erneuerbaren Trägern speisen. Schädliche Förderungen sind bis 2025 abzubauen, eine Öko-Steuerreform im Umfang von acht Milliarden Euro soll CO2 besteuern und Lohnnebenkosten senken. Ab 2028 sollen nur noch CO2-freie Fahrzeuge zugelassen werden, zudem sollen ein günstigeres Öffi-Ticket und eine flächendeckende Lkw-Maut kommen.