Das politische Erdbeben bei der vorigen Wahl - wo die ÖVP (mit 31,47 Prozent) die SPÖ (26,86 Prozent) überholte - bildet sich sehr deutlich im Bundesländer-Match ab: 2013 stand es noch 4:4 zwischen der SPÖ (im Burgenland, Kärnten, OÖ und Wien Erste) und der ÖVP (NÖ, Salzburg, Tirol, Vorarlberg). 2017 hielten sich die Sozialdemokraten nur mehr in ihren Kernländern Burgenland und Wien vorne. Die FPÖ konnte auch 2017 einen ersten Platz feiern - anders als 2013 aber nicht mehr in der Steiermark, sondern in Kärnten.

Möglicherweise nur mehr in einem Land stärkste Partei sein wird die SPÖ bei der Nationalratswahl am 29. September. Denn der 2017 nur mehr hauchdünn gehaltene erste Platz im Burgenland ist höchst bedroht. Damit bliebe den Sozialdemokraten - die 2013 noch in vier Ländern führten - nur mehr Wien. Die anderen Länder dürften an die ÖVP gehen. Denn auch dass die FPÖ Platz 1 in Kärnten halten kann, ist unwahrscheinlich.

Ausgangslage und Aussichten in den Bundesländern

BURGENLAND (2017: SPÖ 32,92 Prozent/ 2 Mandate, ÖVP 32,81/2, FPÖ 25,24/1, Grüne 2,02/0, NEOS 2,88/0, JETZT 2,84/0)

Das Burgenland bietet zwar die wenigsten Wahlberechtigten (233.182) auf - aber die Wahl wird spannend: 2017 verteidigte die SPÖ nur mehr hauchdünn den - durchgehend seit 1970 gehaltenen - ersten Platz. Der ist heuer höchst bedroht, kann die ÖVP doch auf Zugewinne hoffen, während die SPÖ mit Verlusten rechnen muss. Schon 2017 mussten die Roten im Burgenland ihr mit Abstand größtes Minus (4,36 Prozentpunkte) hinnehmen - womit erstmals seit langem die Wiener das beste SPÖ-Ergebnis lieferten.

Dabei hatte sich Hans Peter Doskozil - damals noch Verteidigungsminister - mit einem Vorzugsstimmenwahlkampf ins Rennen geworfen. Mittlerweile ist er Landeshauptmann - in der einzigen rot-blauen Koalition Österreichs. Und hat als solcher am 26. Jänner seine erste Landtagswahl zu bestehen. Für Koalitionspartner FPÖ ist das Burgenland ein Hoffnungsland - in dem sich auch heuer wieder Norbert Hofer, mittlerweile FPÖ-Chef, als Spitzenkandidat um Zuwachs bemüht. Schon 2017 war ihm ein kräftiges Plus (7,8 Punkte) gelungen. Kleinere Parteien - NEOS, die Grünen, zuletzt JETZT - schneiden im Burgenland regelmäßig schlecht wie nirgends sonst ab; noch nie gab es für sie ein Mandat.

KÄRNTEN (2017: SPÖ 29,32/3, ÖVP 26,84/3, FPÖ 31,75/4, GRÜNE 2,42/0, NEOS 4,31/0, JETZT 3,61/0)

Rot gegen Blau lautet seit langem das Duell in Kärnten - das 2017 (wie zuletzt 1999) die FPÖ gewann. Da das zuvor dort noch starke BZÖ weggefallen war, schafften die Blauen mit 13,84 Prozentpunkten Plus ihr österreichweit bestes Ergebnis, 31,75 Prozent. Dennoch ist heuer ihr erster Platz gefährdet. Denn die größeren Parteien lagen 2017 recht eng beieinander - und heuer wird wohl auch die ÖVP (seit 2018 kleiner Partner der SPÖ in der Landesregierung) kräftig mitmischen. Schon 2017 lukrierte Elisabeth Köstinger - Ex-Ministerin, Vertraute von ÖVP-Chef Sebastian Kurz - in Kärnten das größte ÖVP-Plus (11,60 Prozentpunkte).

Die SPÖ verlor (obwohl sie bundesweit leicht zulegte) in Kärnten sogar 3,04 Punkte - dafür gelang ihrem Landeshauptmann Peter Kaiser 2018 der größte Zugewinn der vorigen Landtagswahl-Runde. Da die Grünen aus Landtag und Regierung fielen, regiert er jetzt nur mehr mit der ÖVP zusammen. Für Kleinparteien ist in Kärnten traditionell wenig zu holen. Allerdings gab es einmal ein Nationalratsmandat für die Grünen, im Jahr 2013.

NIEDERÖSTERREICH (2017: SPÖ 24,77/9, ÖVP 35,60/13, FPÖ 25,94/9, GRÜNE 2,74/3, NEOS 4,80/1, JETZT 4,15/1)

Die meisten Stimmen sind in Niederösterreich - mit 1,292.901 Mio. Wahlberechtigten - am Markt. Davon profitiert vor allem die ÖVP, die niederösterreichischen Wähler machten zuletzt ein Viertel ihrer Stimmen aus. Das Plus war 2017 zwar das kleinste österreichweit - aber 4,99 Prozentpunkte mehr reichten den Niederösterreichern immer noch für den dritthöchsten Stimmenanteil in der Kurz-Partei.

Heuer matchen sich im Lande prominente türkis-blaue Spitzenvertreter und Ex-Innenminister: Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka führt wieder die ÖVP an - und Herbert Kickl, ein gebürtiger Kärntner, erstmals die FPÖ. Für Kickl geht es darum, den 2017 erstmals eroberten zweiten Platz zu verteidigen. Die SPÖ versucht mit einem neuen Spitzenkandidaten, dem Gewerkschafter Rudolf Silvan, ihn zurückzuholen 2017 verlor die SPÖ mit der damaligen Bildungsminister Sonja Hammerschmid fast drei Prozentpunkte.

Im Niederösterreich holen auch kleinere Parteien immer Mandate. NEOS eroberten 2017 ein Mandat, ebenso die Liste JETZT, so wie früher auch die Grünen.

OBERÖSTERREICH (2017: SPÖ 27,60/8, ÖVP 31,45/10, FPÖ 26,84/8, GRÜNE 3,68/0, NEOS 4,77/1, JETZT 3,67/1)

Oberösterreich war auch 2017 "Trendland": Die ÖVP überholte (mit fast demselben Ergebnis wie im Bund) die SPÖ im Lande - ebenso wie im Bund. Bei allen Nationalratswahlen seit 1945 war der Erste in Oberösterreich immer auch österreichweit vorne. Die Oberösterreicher haben einiges an Gewicht, gibt es bei ihnen doch - mit heuer 1,104.436 - die drittmeisten Stimmen zu holen. ÖVP (mit Klubobmann August Wöginger) und SPÖ (mit Ex-Gesundheitsminister Alois Stöger) setzen denn auch prominente Polit-Profis. Die FPÖ geht mit einer Frau, Susanne Fürst, ins Rennen. 2017 waren die Blauen den Roten recht nahe gekommen - aber Platz 2 ging sich nicht aus. Bei der Landtagswahl 2015 hatten sie ihn der SPÖ abgenommen, seither wird das lange Zeit schwarz-grüne Oberösterreich - jetzt mit Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) - schwarz-blau regiert. Die Grünen hoffen dennoch bei der Nationalratswahl auf ein Comeback - und wieder ein Mandat in Oberösterreich. 2017 holten sich auch NEOS und JETZT je eines.

SALZBURG (2017: SPÖ 22,23 Prozent/2 Mandate, ÖVP 37,71/4, FPÖ 24,42/2, GRÜNE 4,03/0, NEOS 5,70/0, JETZT 3,53/0)

Salzburg ist für die Grünen ein Hoffnungsland - waren sie dort doch immer überdurchschnittlich stark. 2017 erlitten sie dort allerdings ihren stärksten Einbruch (um 10,76 Prozentpunkte). Heuer will die nach dem Landtags-Absturz 2018 zurückgetretene Astrid Rössler das 2017 verlorene Nationalrats-Mandat zurückerobern. Der ÖVP hatte Salzburg 2017 das zweitgrößte Plus beschert - während sich die SPÖ erstmals mit Platz 3 zufriedengeben musste. Bei 22,23 Prozent (SPÖ) zu 24,42 Prozent (FPÖ) ist es fraglich, ob die Sozialdemokraten heuer die Blauen wieder überholen. Die Pinken hoffen auf regionalen Rückenwind - ist Salzburg doch das Land, in dem NEOS 2018 erstmals (mit ÖVP und den geschwächten Grünen zusammen) in eine Landesregierung kamen.

STEIERMARK (2017: SPÖ 25,09/6, ÖVP 31,49/8, FPÖ 29,42/7, GRÜNE 2,79/0, NEOS 4,99/1, JETZT 3,90/1)

Die Steirer ließen 2017 keinen Stein auf dem anderen: Nach FPÖ auf Platz 1 vor SPÖ und ÖVP im Jahr 2013 gaben sie der ÖVP die meisten Stimmen. Dahinter landete die FPÖ - und die steirische SPÖ mussten ihren ersten dritten Platz verdauen. Die Abstände sind jedoch so deutlich, dass heuer kein neues Karussell zu erwarten ist. Die Grünen dürfen in der Heimat ihres Bundessprechers Werner Kogler wieder mit einem Mandat rechnen. Bei den NEOS ist es fraglich, ob die Gastronomin Fiona Fiedler das 2017 von Irmgard Griss geholte Mandat halten kann.

Wohl in Hoffnung auf Rückenwind aus der Nationalratswahl - und mit Blick auf eine für ihn hoch erfreuliche Umfrage - hat ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer die (von der FPÖ angestoßene) Vorverlegung der Landtagswahl durchgesetzt, gegen den Willen des bisherigen Koalitions- und "Reformpartners" SPÖ. Und so sind die 965.659 wahlberechtigten Steirer schon acht Wochen später, am 24. November, zur Entscheidung über ihren Landtag aufgerufen.

TIROL (2017: SPÖ 20,82/3, ÖVP 38,43/5, FPÖ 24,94/3, GRÜNE 4,46/2, NEOS 5,72/0, JETZT 3,83/0)

Die Tiroler werden auch heuer wieder - wie in allen 22 Wahlen seit 1945 - die ÖVP auf Platz 1 wählen, vielleicht auch wieder, wie mit 38,43 Prozent 2017, mit dem besten VP-Ergebnis österreichweit. Ein schlechtes Pflaster ist Tirol für die SPÖ, sie blieb 2017 auf Platz 3 hinter der FPÖ. An den Plätzen 2 und 3 könnte sich heuer wieder etwas ändern - und zwar durch ein Comeback der Grünen. Die Hoffnung auf ein starkes Tirol-Ergebnis haben sie - zumal sie sich 2018 trotz grobem Verlust in der Landesregierung halten konnten und damit über entsprechende öffentliche Präsenz verfügen.

VORARLBERG (2017: SPÖ 17,85/1, ÖVP 34,71/2, FPÖ 24,42/1, GRÜNE 7,22/1, NEOS 9,02/1, JETZT 2,96/0)

In Vorarlberg ist der ÖVP der erste und wohl auch der FPÖ der zweite Platz sicher. Die SPÖ muss aber fürchten, nach dem Zwischenhoch 2017, wieder auf Rang 4 abzurutschen. Denn dank des damaligen Grün-Desasters reichten der SPÖ 17,85 Prozent für Platz 3. Das war zwar österreichweit der schwächste rote Wert, aber immerhin gelang den Vorarlberger Sozialdemokraten der größte Zugewinn (+4,71). Umgekehrt lief es bei NEOS: Sie verloren in der Heimat von Parteigründer Mathias Strolz stark (-4,04) wie sonst nirgends, aber 9,02 Prozent waren trotzdem der beste Pink-Wert. Das hat freilich bei 274.495 Wahlberechtigten (nur das Burgenland hat weniger) keine große Bedeutung für das Gesamtergebnis.

Aber die Vorarlberger dürfen dafür heuer zweimal wählen: Gleich am 13. Oktober stellen sie bei der Landtagswahl die Weichen dafür, ob Landeshauptmann Markus Wallner die schwarz-grüne Koalition fortsetzt.

WIEN (2017: SPÖ 34,49/11, ÖVP 21,60/7, FPÖ 21,35/7, GRÜNE 5,90/0, NEOS 6,46/2, JETZT 7,51/2)

Zweit-größtes Gewicht (nach NÖ) in der Zusammensetzung des Nationalrates hat - mit 1,149.664 Wahlberechtigten - die Bundeshauptstadt. Für die SPÖ, die seit 1945 immer klar vorne lag, ist sie der mit Abstand größte Stimmenlieferant: 2017 sicherte das überdurchschnittliches Plus (+2,85) der SPÖ bundesweit Platz 2, und die Wiener holten sich mit 34,49 Prozent intern Platz 1. Ebenfalls sehr wichtig ist die Bundeshauptstadt für die FPÖ: Schon in den 90er-Jahren und zuletzt seit 2008 lag sie auf Platz 2. 2017 war die ÖVP jedoch ein wenig (21,60 gegen 21,35 Prozent der FPÖ) stärker - und nahm ihn ihr ab. Daran wird sich wohl auch in der Ibizagate-Wahl nichts ändern. Es sei denn, die Grünen mischen mit.

Denn in den inneren Wiener Bezirken finden sich auch die wichtigsten Wählergruppen für Grüne und NEOS. Peter Pilz' Liste JETZT hätte es 2017 ohne die 7,51 Prozent in Wien nicht in den Nationalrat geschafft. JETZT und NEOS holten zwei Wiener Mandate. Die Grünen blieben trotz herbem Verlust mit 5,90 Prozent über der bundesweit verfehlten Vierer-Hürde. In die Wien-Wahl 2020 werden sie so gut wie sicher wieder als Nationalrats-, vielleicht auch als Regierungspartei gehen. In Wien sind sie das, da steht bei der Wahl-Premiere von Bürgermeister Michael Ludwig die einzige rot-grüne Koalition Österreichs am Prüfstand.