Am 104. Verhandlungstag im Grasser-Prozess war heute einmal mehr Ex-Kabinettchef Heinrich Traumüller als Zeuge geladen. Er musste erklären, warum er beim parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Buwog-Privatisierung unter Wahrheitspflicht teilweise ganz anders ausgesagt hat als nun vor Gericht. Traumüller, zum fünften Mal geladen, begründete dies damit, dass der U-Ausschuss ein "Tribunal" war.

Traumüller, ehemals Kabinettschef des nunmehrigen Hauptangeklagten Finanzminister Karl-Heinz Grasser, wiederholte heute vor Richterin Marion Hohenecker seine Darstellung, dass durch das Vorkaufsrecht für einen Teil der Bundeswohnungen- nämlich die Kärntner Eisenbahnerwohnungen - durch Kärnten die Entscheidung, wer den Zuschlag für die Buwog erhält, von Wien nach Kärnten zum mittlerweile verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ/BZÖ) wanderte. Dass das Vorkaufsrecht rechtlich gar nicht bindend war, habe er erst im U-Ausschuss erfahren, so Traumüller. Politisch sei es jedenfalls wichtig gewesen, weil Haider jederzeit die Regierung hätte sprengen können.

Der Vertreter der Privatbeteiligten CA Immo, Johannes Lehner, zweifelte die späte Einsicht heute im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts an, schließlich müsse das Vorkaufsrecht als zentraler Punkt ja schon in den Verkaufsvorbereitungen eine wichtige Rolle gespielt haben. Offen blieb weiterhin, ob die zentrale Sitzung am 7. Juni 2004 im Gelben Salon im Finanzministerium, bei der eine zweite Bieterrunde beschlossen wurde, formal rechtlich eine Kommissionssitzung war.

Gerichtspraktikant hörte mit

Und auch zum Zeugen Detlev Neudeck, einst Bautensprecher der FPÖ, gingen die Aussagen zwischen U-Ausschuss und jetziger Hauptverhandlung deutlich auseinander. So hatte er Neudeck, dem Traumüller eine wesentliche Rolle in der Causa Buwog zumisst, im U-Ausschuss gar nicht als Teilnehmer der Sitzung im Gelben Salon erwähnt. Heute wiederum ist sich Traumüller ganz sicher, dass Neudeck bei dieser Besprechung dabei war. Er habe damals im U-Ausschuss den Abgeordneten "in der Pause" gesagt, dass Neudeck dabei gewesen sei, daher finde man nichts dazu im Protokoll, so Traumüller heute.

Für Rumoren sorgte am Nachmittag ein Protokoll eines Gerichtspraktikanten, der in einer Prozesspause im Frühjahr mitbekommen hatte, dass die Vertrauensperson von Traumüller diesem jene Fragen präsentierte, die Grasser-Verteidiger Norbert Wess an ihn, Traumüller, stellen werde. Daraufhin sei es zu einem Disput mit Wess in seiner Kanzlei gekommen, so Traumüller. Wess betonte, es sei sein gutes Recht mit Zeugen abseits des Gerichts zu sprechen, solange er diese nicht manipuliere.

Die heutige Befragung von Traumüller durch Wess verlief jedenfalls ganz im Sinne der Verteidigung. Eine Beeinflussung beim Buwog-Verkauf durch Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser habe er nicht mitbekommen und die Kaufsumme, die das siegreiche Konsortium rund um die Immofinanz und die RLB OÖ zu zahlen hatte, sei möglicherweise vielen Personen bekannt gewesen, erläuterte Traumüller.

Morgen, Mittwoch, sind zwei weitere Zeugen geladen, davon eine Zeugin, die bei ihrer letzten Aussage die Angeklagten belastet hatte. Am Donnerstag dürfen dann die Angeklagten ihre Stellungnahme zu den Zeugenaussagen abgeben.

Und einen weiteren Termin gab Richterin Hohenecker bekannt: Eigentlich hätte der mitangeklagte Immobilienmakler Ernst Karl Plech nach eineinhalb Jahren der Verhandlungsunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen heute wieder vor Gericht erscheinen sollen. Dieser machte aber eine weitere Verhandlungsunfähigkeit geltend, die nun Hohenecker am 1. Oktober von einem Gutachter untersuchen lässt.