Identitären-Chef Martin Sellner hat nicht nur - zufällig? - erst wenige Minuten vor der Hausdurchsuchung bei ihm Ende März seine Mailkorrespondenz mit dem Christchurch-Attentäter gelöscht; die Polizei ließ auch mehrere Minuten verstreichen, nachdem sie bei Sellner geklopft hatten, bevor sie mit der Durchsuchung begannen.

Wie aus einem der Kleinen Zeitung und dem "Standard" zugespielten Protokoll der Hausdurchsuchung am 23. März hervorgeht, klopften die Beamten des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und des Innenministeriums zunächst bei Sellners Wohnung. Sie hörten zwar Geräusche aus dem Wohnungsinneren, warteten aber zwölf Minuten zu, bis Sellner die Tür öffnete, bevor sie die Durchsuchung beginnen konnten:

Die Kleine Zeitung hat das Innenministerium um eine Stellungnahme ersucht, ob es üblich sei, Verdächtigen so lange Zeit zu geben, bevor die Hausdurchsuchung beginnt. "Aus geheimhaltungswürdigen Interessen kann über das einsatztaktische Vorgehen der Polizei bei derartigen Einsätzen keine Auskunft erteilt werden", erklärt Ministeriums-Sprecher Christoph Pölzl darauf.

Sellner hatte etwa sein Handy vor Beamten in einem Blumentopf zu verstecken versucht.

Neos zeigen "Maulwürfe" im Innenministerium an

Wie schon zuvor Peter Pilz (Jetzt) vermuten auch die Neos, dass Sellner vorab vor der Hausdurchsuchung informiert worden war: "Sellner erhielt offenbar nicht nur vorab einen Hinweis, dass es zu einer Hausdurchsuchung kommen wird und konnte so die Mails rechtzeitig löschen. Die Beamten gaben ihm sogar vor Ort noch genügend Zeit für Verdunkelungshandlungen und warteten zwölf Minuten, bis er freiwillig aufmachte",  kritisiert Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper. Das sei eine völlig unübliche Vorgehensweise bei Hausdurchsuchungen.

Daher kündigen die Neos an, am Freitag eine Sachverhaltsdarstellung gegen unbekannte Beamte des Innenministeriums einzubringen. "Der mutmaßliche Maulwurf muss ausfindig gemacht werden, um die Effektivität der Ermittlungen gegen die Identitären nicht zu gefährden", so Krisper.