Die Armutskonferenz vermisst in der aktuellen Debatte um die Mindestsicherung die konkreten Lösungen von konkreten Problemen für konkret betroffene Frauen, Kinder und Männer. Es gebe eine Reihe von Problemen in der BMS, die offenbar nicht in die Kampagnen der Parteibüros passten.

Fehlende Soforthilfe

Dringenden Verbesserungsbedarf sieht die Armutskonferenz in Bezug auf die Soforthilfe. Auch wenn die Entscheidungsfrist von sechs auf drei Monate verkürzt wurde, brauche es in diesen drei Monaten Unterstützung bei der Miete, dem Lebensunterhalt und im Krankheitsfall. Die Strukturen für eine effektive Soforthilfe fehlen fast überall. 

Gesundheitsprobleme

Auch im Bereich der Gesundheitsleistungen gebe es gravierende Lücken. Therapien, Heilbehelfe oder technische Hilfsmittel sind für Bezieher der Mindestsicherung oft nicht leistbar. Im Rahmen der Mindestsicherung müsse daher auch ein erleichterter Zugang zu diesen Leistungen und eine unbürokratische finanzielle Unterstützung geregelt werden. 

Menschen mit Behinderungen

Zu den Forderungen der Armutskonferenz zählt auch die bessere Unterstützung von Menschen mit Behinderungen:„Menschen mit Beeinträchtigung sind eine vergessene Gruppe in der Mindestsicherung. In den meisten Bundesländern kommt der BMS auch die Rolle zu, ein finanzielles Existenzminimum für Menschen mit erheblicher Behinderung, wenn sie in Privathaushalten leben, sicherzustellen. Auf deren besondere Bedürfnisse hat die BMS derzeit keine Antwort. Für die benötigte Unterstützung bei der Besorgung von Einkäufen, der Reinigung der Wohnung, der persönlichen Unterstützung bei Körperpflege und Ernährung.

Neu-Regelung bei Unterhaltspflichten

Die Sozialämter fordern Antragsteller vielerorts pauschal dazu auf, ihre Angehörigen auf Unterhalt zu klagen. Die Folge ist, dass viele Personen von einer Antragstellung absehen. Was viele Betroffene nicht wissen: Zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern bestehen nur im Ausnahmefall tatsächlich auch Unterhaltspflichten. „Hier wird mehr behauptet als geprüft“, so die Armutskonferenz. Viele der Klagsaufforderungen der Ämter sind rechtlich äußerst fragwürdig. Hier braucht es eine zeitgemäße Definition der "vorrangigen Leistungen Dritter", Unterhaltsverpflichtungen zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern bzw. sogar zwischen Enkeln und ihren Großeltern. Die derzeitigen 
Regelungen sind mit einem modernen Sozialstaatsverständnis nicht zu vereinbaren.

Mehr Prävention

Es genüge nicht, über die Mindestsicherung allein zu sprechen. Wenn die Zahl der Bezieher steigt, stimmt in anderen Bereichen der Gesellschaft etwas nicht: Arbeitslosigkeit, Pflegenotstand, prekäre nicht-existenzsichernde Jobs, explodierende Wohnkosten, mangelnde soziale Aufstiegschancen. Es sei notwendig, dort etwas zu tun, wo die vorgelagerten Systeme nicht funktionieren. Es kann nicht Ziel sein, möglichst viele Leute in die Mindestsicherung zu drängen, was beispielsweise die Abschaffung der Notstandshilfe bewirken würde. Es ist klug, dort zu handeln, wo Armut präventiv verhindert werden kann.

0,9% des Sozialbudgets für die ärmsten 3%

Diejenigen Politiker, die Armutsbetroffene als Sozialschmarotzer verhöhnen, haben an einem einzigen Tag doppelt so viel Geld zur Verfügung wie Mindestsicherungsbezieher in einem ganzen Monat für ihre existentiellen Lebenskosten. Die Verhältnisse gehen da völlig verloren. Was das Geld und die Finanzierung betrifft, müssen die Relationen auch zu Recht gerückt werden. Insgesamt mache die Bedarfsorientierte Mindestsicherung 0,9% des österreichischen Sozialbudgets für die ärmsten 3% der Bevölkerung aus.