Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt: "Kein böses Wort. Nicht zu Angela Merkel, nicht zur FPÖ, nicht zu Donald Trump. Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz ist zu Gast in der ARD-Sendung "Maischberger" und stellt einmal mehr sein großes Können unter Beweis: Fragen möglichst unkonkret zu beantworten. Kurz hat Talkshow-Erfahrung. Schon als Außenminister tingelte er durch das deutsche Fernsehen und griff Merkels Flüchtlingspolitik an. Nun ist er mit 31 Jahren der jüngste Regierungschef Europas und ganz oben angekommen. Böse Worte? Hat er nicht mehr nötig. Auch wenn Maischberger den ÖVP-Politiker gleich zu Beginn als die 'zarteste Versuchung, seit es Populismus gibt' präsentiert."

"Der furchtbar nette Herr Kurz zu Gast bei ,Maischberger'", titelte das "Hamburger Abendblatt" und schrieb: "Nach seinem Privatleben gefragt, äußerte sich Kurz durchaus sympathisch. Berufspolitiker sei nicht sein Berufsziel gewesen, gab er zu Protokoll. Mozart- oder Rockkonzert? ,Lieber Rock.' Dass er für seine Karriere das Jurastudium abgebrochen habe und nun ohne Abschluss dastehe, findet Kurz nicht so gut. Geprägt habe ihn mitunter, dass sein Vater mal arbeitslos gewesen sei. ,Das war für uns alle keine leichte Zeit.' So viel Menschelei konnte dank hartnäckiger Nachfragen von Sandra Maischberger nicht übertünchen, dass Kurz der Macht wegen einen gefährlichen Drahtseilakt wagt – und Österreich nebenbei einen kräftigen Rechtsruck verordnet. Seine Strategie wirkt dabei zumindest vordergründig überraschend naiv. Ein Regierungsprogramm und ein Heinz-Christian Strache, um die FPÖ im Zaum zu halten? Schwer vorstellbar, dass das ausreichen wird."

Vom "Karrieristen zum Politiker" titelte die "FAZ": "Er (Kurz, Anm.) verband das schließlich mit einem Machtbewusstsein, das man wohl nicht nur in der österreichischen Konkordanzdemokratie nicht mehr gewöhnt war. Zuerst zwang er seinen Vorgänger im Vorsitz der ÖVP zum Rücktritt. Anschließend machte Kurz aus seiner bis dahin scheintoten Partei sogar dem Namen nach einen Kanzlerwahlverein, den nur er selbst zum Leben erwecken konnte. Das in der Flüchtlingskrise akkumulierte politische Kapital wusste er einzusetzen, nicht zuletzt zum Schaden der FPÖ. Statt das Kanzleramt zu erobern, landete sie bei den Nationalratswahlen auf dem dritten Platz.In dem Interview von Frau Maischberger wurde das jedoch nur selten deutlich, weil sie in seiner Biographie den Schlüssel für seinen Erfolg suchte. Dabei ist es belanglos, ob Kurz sein Studium beendet hat oder er seine Lebensgefährtin in Zukunft zu ehelichen beabsichtigt. Sein Lebensweg ist der eines Karrieristen, der die ansonsten übliche Ochsentour wegen seiner unbestrittenen Talente lediglich abkürzte."

In "Die Welt" heißt es: "Jung, forsch, wohlerzogen, stets freundlich, machthungrig, politischer Hardliner und Überflieger – bei Maischberger wurde mit Attributen nicht gespart, um dem Publikum den Bundeskanzler Österreichs zu präsentieren. Nach seinem Antrittsbesuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und einem Gespräch mit dem Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU) ging es für Sebastian Kurz ins Fernsehstudio. Dort stellte er sich knapp eine Stunde lang den Fragen der Moderatorin, auch wenn diese nicht immer angebracht erscheinen. Nachdem sich der erste Teil der Sendung mit dem Menschen Sebastian Kurz beschäftigt hatte – Rockkonzert statt Mozart, Netflix statt Kino, kein konservativer, sondern ein liberaler Elternhaushalt – ging es im weiteren Verlauf um die politische Haltung des jungen Kanzlers. Brandherde sind weiterhin Kurz’ harte Linie in der Flüchtlingspolitik und sein Koalitionspartner, die rechtspopulistische FPÖ."

Weitere Pressestimmen:

Die Prager Zeitung "Lidove noviny" schreibt: "Bei den Eliten in Berlin ruft Kurz eine ähnliche Unsicherheit hervor wie die Visegrad-Gruppe und insbesondere Tschechien. Im Unterschied zu diesen Ländern trägt er nicht den Makel des 'Schmutzfinks aus dem postkommunistischen Osten', dem erst einmal die gute Kinderstube beigebracht werden muss. Kurz hatte eine Kinderstube. Er hält Deutschland nicht dessen Schuld vor, er spricht von der EU nicht als von einem Misserfolg, sondern er konzentriert sich darauf, die Gemeinschaft zu verändern, ohne dass sie auseinanderfällt. Die Staaten der Visegrad-Vier (Polen, Tschechien, Ungarn, Slowakei) können hier beobachten, wie man seine Ziele durchsetzt."

In der "Leipziger Volkszeitung" steht: "Macht und Möglichkeiten des jungen österreichischen Bundeskanzlers werden derzeit überschätzt. Für konkrete Taten hatte er noch keine Zeit. Bislang ist Sebastian Kurz, ebenso wie der Franzose Emmanuel Macron vor allem eine Projektionsfläche, ein Medienphänomen. Kurz und Macron genießen es, auf der Seite der kommenden Dinge zu stehen, umweht von der Aura einer funkelnden neuen Zeit. Sie wollen Großes bewegen. Doch in Wahrheit ändert neues Pathos nichts an den alten Problemen. Politik, Merkel weiß das, muss sich im Konkreten bewähren."

Und die "Berliner Zeitung" resümiert: "Die schwarz-blaue Koalition in Wien ist insofern Modell für ein Europa, in dem Rechtspopulisten überall erfolgreich sind und früher oder später auch in Regierungen sitzen werden. Der Preis des Erfolges ist, dass Kurz die europafeindliche FPÖ im Nacken hat. Das wird Folgen haben, und sie werden sehr bald zu spüren sein, spätestens dann, wenn Österreich in der zweiten Jahreshälfte den Vorsitz in der EU übernimmt. Die jahrzehntelange enge politische Bindung an Deutschland gehört der Vergangenheit an. Kurz sucht neue Partner in Europa."