Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) kann sich eine Deckelung der Mindestsicherung nur mit Ausnahmen vorstellen. In der ORF-"Pressestunde" warnte Schützenhöfer davor, etwa Alleinerziehende mit vielen Kindern in die Armut zu treiben. Bei den Verhandlungen zum Finanzausgleich befürchtet er ein Scheitern. Bei einer Wahlreform wandte er sich gegen "unausgegorene Ideen".

Für Gipfel im Herbst

Schützhöfer wollte die von seiner Bundes-ÖVP geforderte Deckelung der Mindestsicherung bei 1.500 Euro nicht ausschließen. Er kann sich diese aber nur mit Ausnahmen vorstellen. Man dürfe kinderreichen Familien und vor allem Alleinerziehenden mit vielen Kindern nichts wegnehmen. Schützenhöfer mahnte, "vorsichtig" zu agieren und man solle "niemanden rechts überholen". Der Vorsitzende der LH-Konferenz wünscht sich grundsätzlich, dass man im Herbst bei einem Gipfel "abseits festgefahrener Gleise" über die Mindestsicherung redet. Und er propagierte sein steirisches Modell mit besseren Kontrollen und einer Kürzung und in weitere Folge auch Streichung der Mindestsicherung, wenn jemand arbeiten könne, aber nicht wolle.

Finanzausgleich wackelt

Bei den laufenden Verhandlungen über einen neuen Finanzausgleich hält der Landeshauptmann die Gefahr für groß, dass Länder am Ende ihre Unterschrift verweigern. Man solle sich zusammensetzen und sagen, was machbar ist. Es müsse der "Einstieg zum Umstieg" gelingen. Als Beispiel nannte Schützenhöfer eine Aufteilung der Mittel nach der Volkszahl. Die Länder sollten aufhören, sich gegeneinander auszuspielen und der Bund solle den Ländern nicht mehr ausrichten, dass die zugeteilten Mittel mildtätige Gaben seien.

"Unausgegorene Ideen"

Im Zusammenhang mit der vom Verfassungsgericht aufgehobenen Präsidenten-Stichwahl wandte sich Schützenhöfer gegen "unausgegorene Ideen" für eine Wahlrechtsreform, wie etwa die von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) ins Spiel gebrachte Verpflichtung für Wahlbeisitzer nach dem Vorbild der Schöffen. Man sollte dankbar und glücklich sein, dass sich Beisitzer zur Verfügung stellen. Die Wiederholung der Stichwahl sollte man jetzt besser vollziehen und erst danach über eine Reform reden. Ansonsten würde man noch mehr Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung verlieren. Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte, die nicht gesetzeskonform beim Auszählen der Wahlkarten agierten, schloss Schützenhöfer nicht aus. Das werde man sich aber erst nach der Wiederholung der Wahl sehr gründlich anschauen.

Kritik an Le-Pen-Empfang

Nachdem die FPÖ auch eine neuerliche Anfechtung nicht ausschließt, meinte Schützenhöfer, "irgendwann wird es lächerlich". Für eine weitere Anfechtung müsse es schon "handfeste" Gründe geben. Welchen Kandidaten er wählen wird, wollte der Landeshauptmann nicht verraten. Wenn im Wahlkampf aber "unanständige Bemerkungen" etwa zu Europa kommen sollten, könnte er es vielleicht doch noch sagen. Dass der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer Marine Le Pen empfangen hat, stört ihn "sehr". In der Steiermark sei die FPÖ nach ihrem Wahlkampf mit "sprachlichen Grenzüberschreitungen" jetzt "ganz bewusst" in Opposition.

Als Österreich die Souveränität verlor

Zum Thema Flüchtlinge hielt der Vorsitzende der LH-Konferenz fest, Menschen auf der Flucht müsse man zumindest temporär die Möglichkeit geben zu überleben. Aber Österreich könne nicht gemeinsam mit Deutschland und Schweden alles Leid der Welt lindern. Es gebe auch Grenzen. Diese sei im vergangenen Oktober erreicht worden, als 3.500 Menschen über den Grenzübergang Spielfeld marschiert seien. Damals habe der Staat seine Souveränität verloren. Das habe auch wesentlich dazu beigetragen, "dass wir jetzt ein Haar in der Suppe der Gesellschaft haben". Schützenhöfer meinte, dass die Integration nur zum Teil gelinge und warnte vor Drogen-Dealern. Wenn man fast täglich von Gewalttaten lese, dann schiebe er das nicht auf die Ausländer, aber es seien oft Ausländer dabei.

Schützenhöfers Wunschliste

Der Vorsitzende der LH-Konferenz lehnte eine Vorverlegung der Nationalratswahlen ab und plädierte für eine Grundsatzerklärung von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP), ob sie bis 2018 weiter machen wollen. Er appellierte an beide, auf Österreich und nicht auf die nächste Wahl oder die eigene Klientel zu schauen sowie, sich nicht gegenseitig das Haxel zu stellen und nicht mit unabgesprochenen Vorschlägen an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Bundesregierung sollte mehr miteinander reden und hinter verschlossenen Türen verhandeln. Dann bestehe auch die Möglichkeit, die Koalition nach 2018 mit einer ausreichenden Mehrheit fortsetzen zu können. Für den von Kern angekündigten New Deal präsentierte Schützenhöfer eine Wunschliste: Im Herbst sollte die Regierung Vorschläge für eine Pensionsreform, für die Budgetsanierung, eine Reform der Pflege, eine Gesundheitsreform und für einen Bürokratieabbau für Unternehmen vorlegen.

Die Steiermark und damit Landeshauptmann  Schützenhöfer (ÖVP) hat im Juli für sechs Monate den Vorsitz in der Landeshauptleute-Konferenz von Salzburgs Wilfried Haslauer (ÖVP) übernommen.

Die Pressestunde ist nach der TV-Ausstrahlung sieben Tage als Video-on-Demand abrufbar und wird auch als Live-Stream auf der TVthek angeboten.

Steirischer Vorsitz

In die Phase des steirischen Vorsitzes bis Jahresende fällt u.a. die Neuverhandlung des Finanzausgleichs. Neben dem Finanzausgleich soll auch über eine neue Aufgabenverteilung im Föderalismus nachgedacht werden. Mithilfe einer "Österreich 22"-Konferenz in Graz Anfang Oktober sollen in einem zweitägigen Symposium Reformideen ausgelotet werden.