Es ist wohl der spannendste Wahltag in der Geschichte Österreichs. Und es ist ein Tag, der ohne eindeutiges Ergebnis zu Ende gehen wird. Denn während Norbert Hofer (FPÖ) im vorläufigen Endergebnis mit 51,9 Prozent der Stimmen als Sieger der Bundespräsidenten-Wahl hervorgeht (Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen erreichte am Sonntag 48,1 Prozent), könnte die Rekordanzahl an ausgestellten Wahlkarten das Ergenbis noch zugunsten Van der Bellens verändern.

So geht man bei der Arge Wahlen und bei SORA inklusive Briefwählerprognose von einem Kopf-an-Kopf-Rennen aus. Während das eine Institut (Arge Wahlen) Hofer und Van der Bellen mit je 50,0 Prozent exakt gleichauf sieht, glaubt SORA, dass Van der Bellen das Ergebnis mit 3000 Stimmen Überhang noch zu seinen Gunsten drehen wird.

Auch Andreas Kohlsche vom Institut für Wahl-, Sozial- und Methodenforschung in Kaufbeuren sieht den Grün-Kandidaten letztlich um 6.000 Stimmen vor Hofer.

Egal welche Seite am Sonntag gejubelt hat. Es könnte zu früh gewesen sein.
Egal welche Seite am Sonntag gejubelt hat. Es könnte zu früh gewesen sein. © APA/GEORG HOCHMUTH

Stand Sonntagabend liegt Hofer um rund 144.000 Stimmen vor Van der Bellen - aber am Montag werden noch rund 700.000 Briefwahlkarten, die per Post eingelangt sind, ausgezählt.

Das endgültige Ergebnis nach Auszählung der Briefwahlstimmen wird am Montag zwischen 17 und 19 Uhr erwartet.

Die politische Landkarte Österreichs (ohne Briefwahlstimmen). Hofer punktete in Landgemeinden, Van der Bellen in den bevölkerungsreichen Städten
Die politische Landkarte Österreichs (ohne Briefwahlstimmen). Hofer punktete in Landgemeinden, Van der Bellen in den bevölkerungsreichen Städten © APA

Die Wahlergebnisse zeigen deutliche Bruchlinien zwischen Stadt und Land. Während Norbert Hofer in allen Bundesländern außer Vorarlberg und Wien die Nase vorne hatte, konnte Alexander Van der Bellen alle Landeshauptstädteaußer Eisenstadt für sich gewinnen. Dabei ist es dem Ex-Grünen-Chef im Vergleich zum ersten Wahlgang gelungen, die Städte St. Pölten, Salzburg und Klagenfurt umzufärben.

"Gewinner muss Österreich vereinen"

In einer ersten Reaktion sagte FPÖ-Kandidat Norbert Hofer: "Wir werden warten müssen. Ich hoffe, dass sich das morgen noch ausgehen wird." Und im Hinblick auf die Polarisierung meinte Hofer: "Die Person, die gewinnt, wird die Aufgabe haben, Österreich zu vereinen."

Alexander Van der Bellen wurde am Sonntagabend indes mit Jubel, "Sascha, Sascha"-Chören, Umarmungen und wüstem Gedränge bei seiner Wahlfeier im Wiener Palais Auersperg empfangen. Erneut werde es "arschknapp" werden, erinnerte er dort an sein geflügeltes Wort aus dem Jahr 2006. Die Lehre, die er aus den letzten Wochen zieht: "Es lohnt sich, nicht aufzugeben."

Die wichtigsten Facts zum Wahlkrimi:

  • Das vorläufige Endergebnis (ausgezählte Stimmen, exklusive Briefwähler): Norbert Hofer 51,9 Prozent, Alexander Van der Bellen: 48,1 Prozent.
  • Die aktuellste Hochrechnung (ARGE Wahlen, inkl. Prognose der Briefwahlstimmen) sieht Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen exakt bei 50,0 Prozent.
  • SORA sieht in seiner Hochrechnung Van der Bellen nach der Briefwahl mit 3000 Stimmen in Front, andere Hochrechner gar um 6000 Stimmen.
  • Norbert Hofer erhielt 1,938 Millionen Stimmen,
    Alexander Van der Bellen 1,794 Millionen Stimmen.
    Das heißt: Hofer hat 144.000 Stimmen Vorsprung auf Van der Bellen.
  • Allerdings geht man bei der Arge Wahlen davon aus, dass am Montag rund 700.000 Wahlkarten, die am Sonntag nicht in einem Wahllokal abgegeben, sondern per Post gesendet wurden, möglicherweise noch entscheidende Veränderungen bringen können. Schon im ersten Wahlgang hat Van der Bellen bei den Wahlkarten besser abgeschnitten als Hofer.
  • In der Steiermark (58,7 Prozent) und Kärnten (60,1 Prozent) setzte sich Norbert Hofer durch.
  • Vorarlberg und Wien wählen Van der Bellen, in allen anderen Bundesländern ist Norbert Hofer deutlich vorne.
  • Weiters zu beobachten: Ein eindeutiges Gefälle zwischen Städten (Van der Bellen) und ländlichen Regionen (Hofer).
  • In Wien, Graz, Salzburg, Bregenz, St. Pölten, Klagenfurt, Innsbruck und Linz gewinnt Van der Bellen. Eisenstadt: Sieg für Norbert Hofer.
  • Wahlbeteiligung bei (hochgerechnet) 72 Prozent.
  • Stefan Tauscher hat die ersten Social-Media-Reaktionen gesammelt.
  • Laut Wahltags-Befragung hat Hofer vor allem bei Männern und Arbeitern gepunktet, Van der Bellen holte die Stimmen bei Frauen und Bessergebildeten.
  • Van der Bellen hat im Vergleich zum ersten Wahldurchgang (damals hatte er 600.000 Stimmen Rückstand auf Hofer) vor allem bei vormaligen Wählern von Irmgard Griss und Andreas Khol gepunktet, er konnte auch mehr frühere Nichtwähler mobilisieren.
  • Die Geschehnisse des Wahlsonntags mit Ergebnissen, Reaktionen und Analysen können Sie hier im Live-Ticker nachlesen.