Es hatte sich seit Tagen abgezeichnet. Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein hat sich vom bisherigen Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal getrennt. Launsky-Tieffenthal wird in der Öffentlichkeit mit dem "ancien regime" von Ex-Kanzler Sebastian Kurz in Verbindung gebracht, Bierlein wollte bewusst einen Schnitt ziehen.

Warum sich Bierlein mit EU-Experten umgibt

Umso bemerkenswerter ist es, dass sich Bierlein in großen Maßstab mit EU-Experten umgibt. Zu ihrem Außenminister hatte sie bereits letzte Wochen nicht einen Nahost-, Russland- oder US-Experten, sondern den ausgewiesenen EU-Insider Alexander Schallenberg bestellt. Dieser schlug seine Zelte nicht im Außenamt, sondern in einem ihren Nebenräume auf.

Zu ihrem Kabinettschef hat sie Österreichs stellvertretenden EU-Botschafter, Thomas Oberreiter, berufen. Der Oberösterreicher war ein enger Mitarbeiter von Außenministerin  Ursula Plassnik und vor seiner Übersiedelung nach Brüssel Botschafter in Luxemburg. Die Kleine Zeitung hatte über diese Personalie bereits heute früh in ihrem neuen Wien-Newsletter berichtet.

Zum neuen Regierungssprecher wurde Alexander Winterstein ernannt. Der gebürtige Wiener gehörte in den letzten Jahren dem Sprecherteam von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an, Winterstein machte in den letzten 20 Jahren Karriere in der EU-Kommission.

Warum sich die Kanzlerin mit EU-Experten umgibt? Bierlein wird in den nächsten Wochen und Monaten an gewichtigen, personellen Weichenstellungen in Brüssel mitzuwirken haben. So gilt es Nachfolger für EU-Kommissionspräsident Juncker, für EU-Präsident Donald Tusk, für die Außenbeauftragte Mogherini sowie einen neuen Chef für die  Europäischen Zentralbank zu finden. Und nebenbei muss ein österreichischer EU-Kommissar gefunden und mit Mehrheit durchs Parlament gebracht werden. 

Telefonate mit Merkel und Macron

Man kann davon ausgehen, dass Bierlein in den nächsten Wochen öfters mit Angela Merkel, Emmanuel Macron und den anderen europäischen Staats- und Regierungschefs zu telefonieren hat. Sich mit ausgewiesenen EU-Experten zu umgeben, entpuppt sich als kluger Schachzug, hatte doch Bierlein als Präsidentin und als jahrzehntelanges Mitglied des Verfassungsgerichtshofs bisher kaum Berührungspunkte mit den Brüsseler EU-Institutionen.