"Neue Zürcher Zeitung":

"Hier geht es um einen archaischen Ausbruch sinnloser Gewalt und Brutalität gegen unbeteiligte Menschen und gegen die Zivilisation an sich. Und für diese Verbrechen ist nicht allein Präsident Putin verantwortlich. Mit diesem Russland kann kein Deal gemacht werden, der den westlichen Maßstäben von Moral und Menschlichkeit standhält. Diesem menschenverachtenden Staat kann nicht das Schicksal von Millionen ukrainischen Bürgern im Osten überlassen werden, solange deren Rettung möglich erscheint.

Es ist dem heroischen Kampf der Regierung in Kiew und von Hunderttausenden von tapferen Ukrainerinnen und Ukrainern zu verdanken, dass diese Hoffnung überhaupt noch besteht und dass die Welt die wahre Fratze Russlands zu sehen bekommt. Wer auch immer im Westen sich für Frieden und Gewaltlosigkeit in der Welt einsetzt, muss jetzt begreifen: Diese Ziele sind nicht durch Nachgeben und Verhandeln mit Wladimir Putin zu erreichen. Das Gegenteil wird damit befördert: Krieg, Zerstörung, Barbarei. Wer auf Frieden und Menschlichkeit hofft, muss alles tun, um der Ukraine zu helfen, die Invasoren aus ihrem Land zu vertreiben. "

"Tages-Anzeiger" (Zürich):

"Wladimir Putin wollte die Ukraine mit ihrem jüdischen und russischsprachigen Präsidenten "entnazifizieren". Nun sind es seine Truppen, die in dem Land unvorstellbare Gräueltaten begehen. Nein, für einen mutmaßlichen Kriegsverbrecher darf es keinen "gesichtswahrenden Ausweg" mehr geben. Ein Deal auf Kosten der Ukraine wäre auch ein ernstes Risiko für unsere Sicherheit und auf Dauer die größere Gefahr für unseren Wohlstand als kurzfristig höhere Energiepreise.

Der russische Präsident ist ein Fall für ein Kriegsverbrechertribunal. Putin zur Rechenschaft ziehen zu können, das muss das Ziel des Westens sein. Niemand will bisher für die Ukraine in den Krieg. Umso mehr muss der Westen die Ukraine mit Waffen unterstützen, um diesen Krieg gegen Putins Truppen zu gewinnen. Die Ukraine kämpft auch für unsere Freiheit."

"Times" (London):

"Es versteht sich von selbst, dass die Beweise für diese Verbrechen akribisch gesammelt und alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Das muss auch Putin selbst und Mitglieder des inneren Kreises des russischen Präsidenten einschließen. Genau so, wie hochrangige Nazis, die an Adolf Hitlers Völkermord beteiligt waren, vor einem internationalen Gericht in Nürnberg angeklagt wurden. (...)

Der Westen darf sich keine Illusionen mehr über den Charakter dieses Krieges oder des Moskauer Regimes machen. Boris Johnson hat recht, wenn er versucht, die Ukraine mit den modernsten verfügbaren Waffen auszurüsten, einschließlich Anti-Schiff-Raketen. Andere westliche Regierungen sollten ähnliche Entschlossenheit zeigen. Die Argumente für ein Verbot der Einfuhr von russischem Öl und Gas sind inzwischen überwältigend. Ja, die Kosten für die europäische Wirtschaft werden lähmend sein. Aber der Preis für einen Sieg des verbrecherischen Regimes von Putin wäre noch höher."

"Público" (Lissabon):

"Einige Äußerungen von Präsident Joe Biden wurden von der US-Diplomatie und seinen Verbündeten schnell abgeschwächt. Er nannte Putin einen "Kriegsverbrecher" und "Schlächter" und fügte hinzu: "Um Gottes willen, dieser Mann kann nicht an der Macht bleiben." Hatte Mariupol bereits gezeigt, dass der erste Vorwurf richtig war, zeigen die Bilder der Gräueltaten in Butscha, dass die Bezeichnung "Schlächter" leider auch stimmt. Sind es Einzelfälle verwirrter Soldaten oder ein Verhalten, das von der Idee der "Entnazifizierung" der Ukraine geprägt ist?

Sicher ist, dass es mit diesen Grausamkeiten der "Befreiungsarmee" immer schwieriger wird, den Satz, dass "dieser Mann nicht an der Macht bleiben kann", nicht für richtig zu halten. Doch dem steht entgegen, dass der Westen weiter mit Russland umgehen muss und es sich um einen Diktator mit Atomwaffen handelt. Sollte der Westen also nichts tun? Nein, im Gegenteil, die Vorstellung, dass Putin am Ende trotz all des Entsetzens über seinen Einmarsch in die Ukraine weiter im Kreml sitzt, macht es umso dringlicher, ihm einen eventuell behaupteten Sieg so bitter wie möglich zu machen."

"Rzeczpospolita" (Warschau):

"Wir kennen noch nicht das ganze Ausmaß dieses russischen Verbrechens und viele seiner Details. Aber wir werden es herausfinden. Vor allem können wir es nicht begreifen. Es will einfach nicht in den Kopf. Wir kennen Ausdrücke wie "Bestialität des Krieges", "Barbarei der Besetzer", "zu Tieren gewordene Soldaten", aber wir hatten die Hoffnung, dass sie sich in Europa für immer auf Ereignisse der Vergangenheit beziehen.

Nein, es ist die Gegenwart. Es ist der Alltag der russischen Armee bei ihrem Eroberungsfeldzug. Wir wissen, wer dafür verantwortlich ist. Genauso, wie wir wussten, wer für die Kriegsverbrechen im Jugoslawienkrieg in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts verantwortlich war. Ein Teil der Täter wurde verurteilt. Warum sollen wir jetzt davon ausgehen, dass es nicht auch so sein wird? Weil die Russen Atomwaffen haben, und die bosnischen Serben damals nicht? Oder dürfen die russischen Kommandeure aus Butscha und Mariupol deshalb ruhig schlafen, weil hinter ihnen der wegen seiner Rohstoffe attraktive Kreml steht? Sind Schlächter und Massenmörder deshalb keine Schlächter und Massenmörder, weil ihr Land einen festen Sitz im UNO-Sicherheitsrat hat?"

"De Telegraaf" (Amsterdam):

"Die Beweise für russische Kriegsverbrechen scheinen sich zu häufen. Gräueltaten sollen nicht nur in Butscha und der zerstörten Stadt Mariupol begangen worden sein. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kann nach eigenen Angaben beweisen, dass auch in anderen Regionen Zivilisten Opfer von "unsäglichen, vorsätzlichen Grausamkeiten" geworden sind. (...)

Die schrecklichen Bilder werden den Druck auf die westlichen Länder erhöhen, mehr Sanktionen gegen Russland zu verhängen und der Ukraine stärkere Waffen zu liefern. Nach Ansicht des deutschen Vizekanzlers Habeck darf dieses "furchtbare Kriegsverbrechen" in Butscha nicht unbeantwortet bleiben. Es ist nur logisch, dass nun auch eine gründliche internationale Untersuchung der Verstöße gegen das Kriegsrecht und wegen der Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingeleitet werden muss."

"Lidove noviny" (Prag):

"Die Ermordung von Zivilisten in Butscha schockiert die Welt. Die Ukrainer vergleichen die Gräueltat mit dem serbischen Massaker an bosnischen Muslimen in Srebrenica im Jahr 1995. Daran ist etwas dran, wenngleich in Srebrenica Tausende und in Butscha Hunderte ermordet wurden. Für den Westen wird es nun schwieriger sein, ukrainische Bitten um Hilfe abzulehnen. Zudem erschweren die Enthüllungen die laufenden Friedensverhandlungen zwischen Kiew und Moskau - besonders wenn das russische Verteidigungsministerium zynisch behauptet, dass es sich um einen ukrainischen Betrug handle und russische Soldaten niemandem auch nur ein Haar gekrümmt hätten."

"De Standaard" (Brüssel):

"Ob der russische Kriegsverbrecher Wladimir Putin und seine Kumpane jemals vor Gericht gestellt werden, ist ungewiss. Aber mit der Aufdeckung von Massengräbern gerät der Ukraine-Konflikt in eine neue Phase. Eigentlich kann dieser Horror kaum überraschen. Abziehende Truppen lassen ihren Frust immer wieder an wehrlosen Bürgern aus. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs richteten Deutsche zahllose Massaker an, auch in Belgien. (...)

Zunächst mal müssten die Sanktionen verschärft werden, damit Russland die Kriegsanstrengungen nicht länger durchhalten kann. Vorläufige Analysen deuten darauf hin, dass das bisherige Herangehen der russischen Gesellschaft nicht genügend Schmerzen bereitet. Zugleich müssen die Ukrainer weitere Fortschritte auf dem Schlachtfeld machen. Dafür ist uneingeschränkte und anhaltende militärische Unterstützung erforderlich.

Dieser Konflikt erreicht gerade erst das Ende vom Anfang. Auch in Syrien und Tschetschenien schreckte Putin nicht vor Massenmorden zurück. Deshalb muss er unbedingt gestoppt werden. Unserer europäischen Sicherheit ist nicht gedient mit einem brüchigen Waffenstillstand, bei dem die Ukraine zu einem instabilen Land wird, das kaum Mittel für den Wiederaufbau hat. Ein schlechtes Friedensabkommen wäre der Vorbote einer neuen Aggression."

"Wall Street Journal" (New York):

"Der russische Rückzug aus der Region Kiew stellt einen Rückschlag für die ursprünglichen Kriegsziele dar, ist aber noch keine Niederlage für Putin. (...) Umso bestürzender ist es, dass Vertreter (der Regierung von US-Präsident Joe Biden) weiterhin behaupten, der Krieg sei eine "strategische Niederlage" für Herrn Putin. Sie wiederholen dieses Argument, als wollten sie die Amerikaner davon überzeugen, dass der Krieg bereits gewonnen sei. (..) Nein, das ist er nicht. Russland hat Tausende von Ukrainern getötet, unermesslichen Schaden angerichtet und kontrolliert immer noch mehr Gebiete als vor der Invasion. Wenn Putin einen Waffenstillstand erreicht, der diese Gebietsgewinne bestätigt, wird er sich den Teil der Ukraine geschnappt haben, in dem sich der Großteil der Energieressourcen des Landes befindet. (...)

Das Ziel des Westens sollte nicht eine abstrakte "strategische Niederlage" sein, sondern eine tatsächliche Niederlage, die für jeden, auch für die russische Öffentlichkeit, offensichtlich ist. Die Ukraine wird entscheiden müssen, wie lange sie bereit ist zu kämpfen. Solange sie jedoch dazu bereit ist, sollten die USA und die NATO ihr all die militärische Unterstützung und die Sanktionen gewähren, die sie benötigt. Wenn Putin von diesem Krieg profitiert, wird es in Zukunft weitere Invasionen, weitere Kriegsverbrechen und weitere schreckliche Szenen wie in Butscha geben."