Europa als Raum der Freiheit, des Friedens und des Rechts. Das war die Idee, auf der die Gründerväter der Europäischen Union nach den Verwüstungen des Zweiten Weltkriegs ihr großes Einigungswerk errichteten. Und es ist die Wirklichkeit, in der wir Europäer allen Krisen, die da kamen, zum Trotz viele Jahrzehnte lang gelebt haben.

Doch seit geraumer Zeit hat es den Anschein, dass diese Gewissheiten brüchig geworden sind. Krieg, Klimawandel, gesellschaftliche Polarisierung, autoritäres Denken, Seuchen, aber auch der Anbruch eines – wie der große Triester Schriftsteller Claudio Magris es genannt hat – "posthumanen Zeitalters" sorgen seit einiger Zeit für einen atmosphärischen Umschwung in Europa. An die Stelle der Zuversicht sind Verunsicherung, Pessimismus, Zukunftsängste, ja da und dort eine fast apokalyptische Endzeitstimmung getreten.

Wie konnte es so weit kommen? Und sind wir an einem Punkt angelangt, wo Europa die mit ihm geknüpfte Verheißung einer besseren Welt nicht mehr zu erfüllen vermag? In der Anspruch und Wirklichkeit für alle Welt ersichtlich unüberbrückbar auseinanderklaffen?

Darüber sprach Paul Lendvai um 18 Uhr mit Stefan Winkler, Mitglied der Chefredaktion der Kleinen Zeitung, im vom Pfingstdialog "Geist & Gegenwart" bereitgestellten Livestream.