Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi ist in Rom eingetroffen, um Konsultationen in seinem Mitte-Rechts-Lager zur Findung eines Präsidentschaftskandidaten in der Nachfolge von Sergio Mattarella, der am 3. Februar sein Amt niederlegt, zu starten. Berlusconi sprach sich gegen den kolportierten Wechsel von Premier Mario Draghi ins Präsidentenamt aus. Seine Forza Italia würde eine Regierung ohne Draghi nicht mehr unterstützen und die Koalition verlassen, so Berlusconi.

"Wenn Draghi als Premier im Amt bleibt, werden wir erst 2023 wählen, andernfalls ist die Regierung zum Sturz verurteilt, und es kommt zu vorgezogenen Wahlen", betonte die Nummer zwei der Forza Italia, Antonio Tajani. Der 74-jährige Draghi führt seit Februar 2021 eine breite Mehrparteienkoalition. Viele Parlamentarier unterstützen seinen Ämterwechsel. Draghi selbst äußerte sich zu dieser Möglichkeit bisher nicht.

Berlusconi umstrittener Präsidentschaftskandidat

Die EU-Parlamentarier der Forza Italia bekräftigten unterdessen ihre Unterstützung für Berlusconi als künftiges Staatsoberhaupt. "Berlusconi, der vier Mal italienischer Ministerpräsident war, der in Europa und in der Welt geschätzt wird, und der in vielen internationalen Krisen vermittelt hat, bringt alle Voraussetzungen mit, um der ideale Kandidat für den Quirinal zu sein, wie auch der Sekretär der Europäischen Volkspartei, Antonio Lopez, betont hat", heißt es in einer Mitteilung der Forza-Italia-Delegation im EU-Parlament. Berlusconi, der wegen seiner Vergangenheit, zu der auch ein Amtsenthebungsverfahren wegen Steuerbetrugs gehört, umstritten ist, hatte sich auch selbst als Präsidentschaftskandidat ins Spiel gebracht.

Gegen Berlusconis Kandidatur stellt sich die Demokratische Partei (PD), die drittstärkste Kraft im italienischen Parlament. "Berlusconi ist ein Parteichef und kommt als solcher als Präsident nicht in Frage", betonte Sozialdemokraten-Chef Enrico Letta. Der neue Präsident müsse eine parteiunabhängige Persönlichkeit sein.

Ex-Industrieminister Carlo Calenda, Chef der Zentrumspartei Azione, unterstützt die Kandidatur von Justizministerin Marta Cartabia. Damit hätte Italien erstmals in seiner republikanischen Geschichte eine Frau als Staatschefin. "Unsere Kandidatin ist Cartabia, eine Persönlichkeit von großer Qualität und ehemalige Präsidentin des Verfassungsgerichts", betonte Calenda.

In Italien wird der Präsident nicht vom Volk gewählt. 1.009 Parlamentarier und Vertreter der 20 italienischen Regionen stimmen über den Präsidenten ab. Das geheime Votum beginnt am 24. Jänner, er könnte sich über mehrere Tage hinziehen. Für die ersten zwei Wahlgänge ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Danach genügt eine einfache Mehrheit. Die langwierigste Wahl war die von Giovanni Leone im Jahr 1971, bei der es 23 Wahlgänge gab.