Unerwartet hat der Präsident der Philippinen, Rodrigo Duterte, seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Er werde bei der Wahl 2022 nicht für die Vize-Präsidentschaft kandidieren, da dies ein "Verstoß gegen die Verfassung" wäre, erklärte Duterte am Samstag. Der Schritt könnte den Weg für eine Kandidatur seiner Tochter Sara als Präsidentin ebnen. Der Populist steht seit Jahren international wegen schwerer Menschenrechtsverstöße rund um seinen Anti-Drogen-Kampf am Pranger.

"Das vorherrschende Gefühl" in der Bevölkerung sei, dass eine Kandidatur von ihm 2022 "eine Umgehung des Gesetzes, des Geistes der Verfassung" wäre, erklärte der 76-Jährige nun. "Heute gebe ich meinen Rückzug aus der Politik bekannt."

Der Präsident darf auf den Philippinen laut Verfassung nur eine Amtszeit absolvieren und auch nicht nach einer Pause wiederkandidieren. Duterte hatte zunächst angekündigt, sich auf das zweithöchste Amt in dem südostasiatischen Inselstaat zu bewerben, um den von ihm selbst ausgerufenen, international scharf kritisierten "Kreuzzug" gegen Drogenhändler und Aufständische fortsetzen zu können.

Tochter als Kanidatin

Für die Wahl im Mai gilt Dutertes Tochter Sara Duterte-Carpio als eine mögliche Bewerberin. Laut Meinungsumfragen liegt sie in der Wählergunst vorne. Die Bürgermeisterin der Stadt Davao im Süden des Landes hat jedoch erklärt, dass sie nicht kandidieren würde, falls ihr Vater die Vize-Präsidentschaft anstrebe. Nun ließ sich stattdessen der enge Berater des Präsidenten, Senator Christopher Lawrence "Bong" Go, als Kandidat für das Amt des Vize-Präsidenten registrieren.

Duterte-Carpio gehört einer anderen Partei an als ihr Vater. Am Samstag ließ sie sich staatlichen Medien zufolge für eine dritte Amtszeit als Bürgermeisterin der Stadt, die schon ihr Vater regiert hatte, registrieren.

Der Präsident und der Vize-Präsident werden auf den Philippinen getrennt gewählt. Wenn der Präsident stirbt, arbeitsunfähig wird oder während seiner Amtszeit zurücktritt, übernimmt sein Stellvertreter das Amt. Die Frist für die Registrierung als Kandidat läuft am 8. Oktober aus, Nachrücker können jedoch noch bis zum 15. November gemeldet werden.

Zu den Bewerbern um das Präsidentschaftsamt gehört der Box-Star und Senator Manny Pacquiao, der sich kürzlich aus dem Boxring zurückgezogen hat. Weitere Kandidaten sind Dutertes Verbündeter Ferdinand "Bongbong" Marcos, Sohn und Namensvetter des ehemaligen Diktators des Landes, und der ehemalige Schauspieler und Bürgermeister Francisco Domagoso, bekannt unter seinem Künstlernamen Isko Moreno.

Autoritär und gnadenlos

Während seiner Amtszeit hatte der autoritär regierende Duterte eine gnadenlose Jagd auf Drogenkonsumenten und -händler gestartet, bei der nach Angaben von Menschenrechtsgruppen Zehntausende Menschen getötet wurden. Kritiker der Kampagne landeten hinter Gittern. Der Internationale Strafgerichtshofs (IStGH) will eine umfassende Untersuchung der Morde einleiten. Analysten gehen davon aus, dass Duterte-Carpio ihren Vater im Falle ihrer Wahl zur Präsidentin vor Strafverfolgung schützen würde.

Der rechtspopulistische Duterte, der nicht erst seit seinem Amtsantritt 2016 auch durch Beschimpfungen und Hasstiraden gegen Homosexuelle, Frauen, Oppositionelle und internationale Amtsträger wie den ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama oder den Papst auffiel, war zuletzt wegen seines Handelns in der Corona-Pandemie unter Beschuss geraten. Das Land stürzte in die schwerste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten, tausende Menschen starben, Millionen verloren ihre Jobs, und die Impfkampagne kam nicht voran.

Dennoch erfreut sich der Präsident im Land weiterhin einer großen Beliebtheit. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Social Weather Stations hatte kürzlich jedoch ergeben, dass 60 Prozent der Filipinos nicht der Meinung sind, dass Dutertes Kandidatur für die Vize-Präsidentschaft im Sinne der Verfassung ist. "Er muss erkannt haben, dass sie angesichts der letzten Umfrageergebnisse verlieren könnten, wenn beide Dutertes als Kandidaten für 2022 gehandelt werden", sagte Jean Franco, Professor für Politikwissenschaft an der Universität der Philippinen, der Nachrichtenagentur AFP.

Beobachter sind allerdings skeptisch, ob der 76-Jährige sich tatsächlich komplett aus der Politik zurückzieht. "Duterte ist ein Mensch, auf dessen Wort man sich nur schwer verlassen kann", sagte der Analyst Richard Heydarian der AFP.