"Aus der rechten Ecke stammen und links denken“, das mache hart, und das komme in Frankreich immer gut an, erklärte einmal Paul Nizon, der Schweizer Schriftsteller, der fast sein ganzes Leben in Paris verbrachte. François Mitterrand und François Hollande seien Beispiele dafür gewesen.

Wie es allerdings kam, dass sich just die linke Intelligenzia wie die Philosophen André Glucksmann, Andre Finkielkraut oder Künstlerinnen wie Bettina Rheims oder Yasmina Reza für Nicolas Sarkozy ins Zeug legten, wusste auch er nicht. Als ruheloser und durchaus beliebter „Hyperpräsident“ und „Super-Sarko“ war Sarkozy von 2007 bis 2012 bekannt.

Diesen 1,66 Meter großen Mann trieb offenbar immer die Gewissheit an, dass er zu Großem berufen sei. .„Ich habe in meinem Leben alles getan, damit man mich bemerkt“, schreibt Nicolas Sarkozy in seinem jüngsten Buch „Zeit der Stürme“. In der neogaullistischen Partei blieb dem Sohn eines ungarischen Einwanderers die Ochsentour nicht erspart.

Er musste sich richtig hocharbeiten, während Absolventen französischer Eliteuniversitäten leicht offene Türen vorfanden. Mit 28 Jahren brachte es Sarkozy in der schicken Pariser Vorstadt Neuilly zum Bürgermeister. Als Innenminister bewies er, dass nicht zimperlich ist. Der Ausspruch, er wolle die Vorstädte, „mit dem Kärcher reinigen“ und damit „das Gesindel“ beseitigen, klebt an ihm wie Kaugummi an der Schuhsohle. Geschadet hatte es ihm nie, er konnte damit erfolgreich im Teich des rechtsradikalen Jean-Marie Le Pen fischen.

"Tier"

Doch auch wenn Yasmina Reza Sarkozy als „Tier“ bezeichnet und als einen, der schnell isst, schnell denkt, nervös, neurotisch und ungeduldig durch die Zeit rast, wird in ihrem als Buch erschienenen Sarkozy-Porträt „Frühmorgens, abends oder nachts“ deutlich, dass der 1955 in Paris Geborene Charisma hat. Seit 2008 ist er denn auch mit Carla Bruni verheiratet. Das ehemalige Top-Model ist eine erfolgreiche Musikerin und stammt aus der italienischen Groß-Industriellen-Familie Bruni-Tedeschi. 

Im Vorjahr brachte sie ein neues Album mit dem schlichten Titel "Carla Bruni" heraus. Ihre vorherigen Veröffentlichungen hatten sich weltweit über drei Millionen Mal verkauft. Den Großteil ihrer Alben schreibt und komponiert Bruni selbst. Einige Lieder hat Bruni während des Coronavirus-Lockdowns geschrieben, den sie im Süden Frankreichs verbrachte.

Erstes Urteil

Anfang März dieses Jahres war es allerdings aus mit dem Frieden: Wegen Korruption und unerlaubter Einflussnahme wurde Frankreichs ehemaliger Präsident in Paris zu einem Jahr Haft verurteilt, dazu kamen noch zwei Jahre auf Bewährung.

Es ging in dem Fall um Ermittlungsgeheimnisse, die ein Richter Sarkozy und dessen Anwalt ausplaudern hätte sollen. Im Gegenzug wurde dem Richter ein Posten in Monaco versprochen. Das gesamte Trio infernal - Sarkozy, Anwalt, Richter - wurde schuldig gesprochen. Sarkozys Parteikollegen der konservativen UMP bezeichneten die Strafe als „absolut unverhältnismäßig“. Das Urteil zeige die „Verbissenheit der Justiz“. Sarkozys Frau Carla Bruni kommentierte mit dem Hashtag „Ungerechtigkeit“ auf Instagram: „Welch sinnlose Verbissenheit (...) der Kampf geht weiter, die Wahrheit wird ans Licht kommen.“

Der 66-Jährige ging in Berufung.  Seine Ambitionen auf eine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen 2022 kann er vergessen. Zumal da noch weitere Prozesse warten. Sarkozy steht vor einem juristischen Hürdenlauf.

Zweiter Prozess

Wegen der horrenden Ausgaben für seine erfolglose Wiederwahlkampagne steht Sarkozy heute erneut vor Gericht. Wegen einer Coronavirus-Infektion eines Anwalts wurde der Prozess, der schon im März hätte stattfinden sollen, verschoben.

Bei seinem erfolglosen Präsidentschaftswahlkampf gegen François Hollande 2012 überschritt Sarkozy nach Erkenntnissen der Ermittler die zulässige Budgetobergrenze von 22,5 Millionen Euro massiv. Er soll das Doppelte verwendet haben. Seine konservative Partei soll versucht haben, dies durch ein System gefälschter Rechnungen zu kaschieren. Allein die Eventfirma Bygmalion stellte seiner Partei Rechnungen in Höhe von 18,5 Millionen Euro aus. Deshalb ist der Fall auch als „Bygmalion-Affäre“ bekannt.

Die Justiz ermittelt zudem seit Jahren wegen angeblicher Zahlungen des ehemaligen lybischen Machthabers Muammar al-Gaddafi für Sarkozys erfolgreichen Präsidentenwahlkampf 2007. Die „Zeit der Stürme“, sie ist für Nicolas Sarkozy noch lange nicht vorbei.