Frankreichs früherer Präsident Nicolas Sarkozy wurde wegen Bestechung und unerlaubter Einflussnahme zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. Davon werden zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.
Der 66-Jährige muss voraussichtlich nicht ins Gefängnis, weil die Strafe zu Hause unter elektronischer Überwachung abgebüßt werden dürfte. Zehn Tage hat Sarkozy außerdem Zeit gegen das Urteil zu berufen. Auch Sarkozys langjähriger Anwalt Thierry Herzog und der Jurist Gilbert Azibert wurden zu drei Jahren Haft verurteilt, zwei davon auf Bewährung.
Eine "politische Todesstrafe" für Sarkozy, wie es einer der Anwälte der Verteidigung ausdrückte.
Als ruheloser "Hyperpräsident" wurde Sarkozy von 2007 bis 2012 bekannt. Diesen kleinen Mann - er ist 1,66 m groß - trieb offenbar immer die Gewissheit an, dass er zu Großem berufen ist. Mit 28 Jahren brachte er es in der schicken Pariser Vorstadt Neuilly zum jüngsten Bürgermeister einer Kleinstadt. Als Innenminister hat er bewiesen, dass er zupacken kann und auch in der Wortwahl nicht zimperlich ist. Der Ausspruch, er wolle Frankreichs Vorstädte "mit dem Kärcher reinigen" und damit "das Gesindel" beseitigen, klebt an ihm wie Kaugummi an der Schuhsohle.
Kommentar von Manuela Tschida-Swoboda
In der neogaullistischen Partei blieb dem Sohn eines ungarischen Einwanderers die Ochsentour nicht erspart. Er musste sich richtig hocharbeiten, während Absolventen französischer Elitehochschulen häufig offene Türen vorfanden.
Sarkozy polarisiert - und fasziniert. Frankreichs Starautorin Yasmina Reza, deren Stücke "Kunst" oder "Der Gott des Gemetzels" auf allen großen Bühnen aufgeführt werden bzw. auch verfilmt wurden, begleitete Sarkozy fast ein Jahr lang während seiner Wahlkampagne um das Präsidentenamt.
Und auch wenn Reza ihn als "Tier" bezeichnet und als einen, der schnell isst, schnell denkt, der nervös, neurotisch und ungeduldig durch die Zeit rast, wird in ihrem Sarkozy-Porträt "Frühmorgens, abends oder nachts" deutlich, dass der 1955 in Paris Geborene sehr viel Charisma hat. Seit 2008 ist Sarkozy mit Carla Bruni verheiratet. Das ehemalige Top-Model ist seit Jahrzehnten eine erfolgreiche Musikerin, sie stammt aus der italienischen Groß-Industriellen-Familie Bruni-Tedeschi. Ab dem fünften Lebensjahr wuchs sie in Frankreich auf, wohin ihre Familie - offiziell aus Angst vor der Untergrundorganisation Rote Brigaden - geflohen war.
Nach der Amtszeit
Nach seiner Amtszeit holten den konservativen Politiker Nicolas Sarkozy zahlreiche Affären ein. So versuchte er eben nach Überzeugung der Ermittler im Jahr 2014, einen Staatsanwalt am Obersten Gerichtshof Frankreichs zu bestechen, um Informationen zu einem gegen ihn laufenden Ermittlungsverfahren zu erlangen. Darum ging es in dem Pariser Prozess, in dem heute der Schuldspruch folgte. In Frankreich ist der Fall als "Abhöraffäre" bekannt. Denn um Sarkozy auf die Schliche zu kommen, ließ die Justiz Telefongespräche zwischen dem früheren Präsidenten und seinem Anwalt Thierry Herzog abhören.
"Bestechungspakt"
Diese ließen die Ermittler auf einen "Bestechungspakt" schließen: Sarkozy soll dem Richter Gilbert Azibert Hilfe versprochen haben, um seinen Wunsch-Posten im Fürstentum Monaco zu bekommen; im Gegenzug soll der hohe Staatsbeamte geheime Informationen über Ermittlungen gegen Sarkozy beschafft und versucht haben, seine Kollegen zu beeinflussen.
Für Sarkozy hatte die Staatsanwaltschaft vier Jahre Haft gefordert, davon zwei zur Bewährung.
Auch Chirac musste sich verantworten
Vor Sarkozy musste sich bisher nur der 2019 verstorbene Ex-Präsident Jacques Chirac vor Gericht verantworten, weil er in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister in den 1990er Jahren ein System von Schein-Arbeitsstellen aufgebaut hatte. Chirac konnte seinem Prozess aus gesundheitlichen Gründen jedoch fernbleiben und wurde 2011 zu einer vergleichsweise milden Strafe von zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
Auch wenn das heutige Urteil gegen Sarkozy noch nicht rechtskräftig ist: Es wird ohnehin nicht der letzte Prozess gegen den Ex-Präsidenten sein. Ab dem 17. März muss er sich wegen des Verdachts auf illegale Wahlkampffinanzierung verantworten. Zudem ist Sarkozy wegen seiner Nähe zum früheren libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi im Visier der Justiz. Gaddafi soll den siegreichen Präsidentschaftswahlkampf Sarkozys 2007 illegal mitfinanziert haben. Womöglich zum Dank lud Sarkozy den schillernden Autokraten nach Paris ein, wo der Libyer Gäste in seinem Beduinenzelt empfing.
Seinen Rückzug aus der Politik hatte Sarkozy bereits 2016 angekündigt. Zuvor war er bei der Kandidatenkür der konservativen Republikaner zur Präsidentenwahl deutlich seinem früheren Premierminister Francois Fillon unterlegen.
Mancher Anhänger Sarkozys hoffte trotz allem auf ein Comeback. Denn vor der Wahl des Staatsoberhaupts im kommenden Jahr zeichnete sich bisher kein schlagkräftiger Herausforderer für Präsident Emmanuel Macron im konservativen Lager ab. Mit einer Verurteilung ist Sarkozys politische Karriere allerdings beendet.