Der Tipp kam vom Erzfeind Israel: Der iranische Diplomat Assadollah Assadi soll ein Drahtzieher eines geplanten Bombenanschlags auf eine Kundgebung der Oppositionsgruppe Nationaler Widerstandsrat Iran in Villepinte bei Paris 2018 mit Tausenden Exiliranern und hochrangigen internationalen Gästen sein. Am 1. Juli 2018 erfolgt auf einer Raststätte an einer bayerischen Autobahn die Festnahme. Pikant zudem: Der Mann soll für den Geheimdienst MOIS arbeiten, der im In- und Ausland oppositionelle Gruppen ausspioniert und dann bekämpft. Außerdem ist er bei der iranischen Botschaft in Wien akkreditiert, dort, wo 2015 auch das internationale Abkommen zum Atomprogramm der Islamischen Republik abgeschlossen wurde und die Weltatomenergiebehörde IAEO sitzt.

In Antwerpen sprach nun ein Gericht nicht nur den Angeklagten schuldig, das Attentat geplant zu haben, es verurteilte den Iraner auch zur Höchststrafe von 20 Jahren Haft. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass es sich um einen führenden Geheimdienstler handelt, wie aus Prozessakten hervorgeht, die dem flämischen Fernsehsender VRT vorliegen. Sein diplomatischer Schutz soll es ermöglicht haben, dass Assadi während eines „zivilen Linienflugs zwischen dem Iran und Österreich den für den Anschlag bestimmten Sprengstoff transportiert“ haben soll. So steht es in den Akten des belgischen Geheimdienstes, wie das ARD-Magazin „Report München“ berichtet.

Drei Mitangeklagte mit belgischer Staatsbürgerschaft erhielten Haftstrafen von 15 bis 18 Jahren. Dass es sich dabei um eine terroristische Gruppe handeln könnte, die in Wien ihr Drehkreuz hat, dafür gab es schon frühzeitig Hinweise an die Sicherheitsbehörden. So wurde der in Wien lebende dritte Botschaftsrat seit Längerem beobachtet. Nach Aktenlage des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wurde bei jeder Einreise am Flughafen Schwechat ein Hinweis an das Bundesinnenministerium und das BVT gesendet. So hat es der „Standard“ nach Akteneinsicht während des Prozesses berichtet. Für die Beamten erschien bei der Passkontrolle der Hinweis „Code 43“, also kein Anhalten, aber ein Hinweis an die Behörden. Auch das Gepäck ging ohne Kontrolle durch.

Die EU will nun das Urteil prüfen, und vor allem, ob es einen Auftrag von staatlichen Stellen gab. Vieles deutete in dem Prozess darauf hin. Allerdings hatte die Regierung in Teheran schon gegen die Festnahme von Assadi protestiert und den Prozess als „illegal“ bezeichnet. Die Regierungsgegner sprechen ihrerseits von „staatlichem Terrorismus“.

Das Urteil ist aus zweierlei Sicht brisant. Einerseits dürfte das Urteil die diplomatischen Spannungen zwischen der Islamischen Republik und mehreren Ländern der Europäischen Union erneut verschärfen. Und dies in einer Situation, in der Staatspräsident Hassan Rohani erst vor zwei Tagen die EU als Vermittler im Atomstreit mit den USA ins Spiel brachte.

Zum anderen sitzen mehr als ein Dutzend Bürger mit westlichen Pässen teilweise seit Jahren als Geiseln in iranischen Gefängnissen, darunter auch zwei Iraner mit österreichischer Staatsangehörigkeit. Das Außenministerium in Wien begrüßte „die gründliche Aufarbeitung des Falles durch die belgischen Justizbehörden“. Gleichzeitig ist man um die Freilassung des Geschäftsmanns Kamran Ghaderi bemüht, der 2016 verhaftet wurde, als er seine Mutter besuchte. Er sitzt ebenso im Evin-Gefängnis wie Massud Mossaheb. Der Generalsekretär der österreichisch-iranischen Gesellschaft wurde 2019 beim geschäftlichen Aufenthalt verhaftet. Der Vorwurf für seine zehnjährige Haftstrafe: Mossaheb soll unter anderem für Israel spioniert haben.