Was sich am 6. Jänner vor und im Washingtoner Kapitol abspielte, war eines der düstersten Kapitel der amerikanischen Demokratie. Und US-Präsident Donald Trump hatte mitschuld daran, darin sind sich die US-Demokraten, aber auch mehrere Republikaner einig.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten muss sich ein Präsident daher einem zweiten Amtsenthebungsverfahren stellen. Nun ist der Senat gefordert.

1) Warum das Impeachment-Procedere gegen Trump?

Der zentrale Vorwurf: "Donald John Trump verübte schwere Verbrechen und Vergehen (high crimes and misdemeanors, Anm.), indem er zu Gewalt gegen die Regierung der Vereinigten Staaten anstiftete." Das geht aus der Impeachment-Resolution der Demokraten hervor, die sie im US-Repräsentantenhaus eingebracht haben. Im Folgenden Auszüge daraus:

Dazu zähle auch Trumps Verhalten vor dem Sturm auf das Kapitol am 6. Jänner.

"In den Monaten vor der Kongresssitzung gab Präsident Trump wiederholt falsche Erklärungen ab, wonach die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl die Folge von weitverbreitetem Betrug seien, und forderte, dass sie nicht vom amerikanischen Volk akzeptiert oder von Vertretern der Bundesstaaten oder des Bundes zertifiziert werden sollten." (...)

"Bei einem Telefonat am 2. Jänner drängte Trump Georgias Wahlleiter Brad Raffensperger dazu, genügend Stimmen zu 'finden', um den Ausgang der Präsidentschaftswahl in Georgia zu kippen, und drohte Raffensperger, sollte er dies nicht tun."

Dann Trumps Rede am 6. Jänner

"Kurz vor Beginn der Kongresssitzung wandte Trump sich (...) in Washington, DC an eine Menschenmenge. Er wiederholte dort seine falschen Behauptungen, dass 'wir diese Wahl gewonnen haben, und zwar mit einem Erdrutschsieg gewonnen'. Er machte auch absichtlich Äußerungen, die in diesem Kontext zu gesetzlosen Taten am Kapitol ermutigten - und wie absehbar dazu führten. Unter anderem: 'Wenn ihr nicht auf Teufel komm raus kämpft, werdet ihr kein Land mehr haben.'"

"So von Präsident Trump angestiftet, drangen Teile der Menge, an die er sich gewandt hatte, (...) gesetzwidrig in das Kapitol ein und verwüsteten es, verletzten und töteten Polizisten, bedrohten Parlamentarier, den Vizepräsidenten und Kongressmitarbeiter, und verübten weitere gewaltsame, tödliche, zerstörerische und aufwieglerische Taten."

Daraus resulitierende Schlussfolgerungen und Forderungen

"Präsident Trump hat die Sicherheit der Vereinigten Staaten und ihrer Regierungsinstitution ernsthaft gefährdet. Er hat die Integrität des demokratischen Systems bedroht, die friedliche Machtübergabe behindert und eine gleichrangige Staatsgewalt gefährdet. Er hat damit das Vertrauen verraten, das in ihn als Präsident gesetzt wurde, zum offensichtlichen Schaden der Bevölkerung der Vereinigten Staaten."

"Donald John Trump hat mit einem solchen Verhalten gezeigt, dass er eine Gefahr für Nationale Sicherheit, Demokratie und die Verfassung bleiben wird, wenn er im Amt bleiben darf (...). Das rechtfertigt Impeachment und Prozess gegen Donald John Trump, eine Entfernung aus dem Amt und Aberkennung der Befähigung, ein Ehrenamt, eine Vertrauensstellung oder ein besoldetes Amt im Dienste der Vereinigten Staaten zu bekleiden oder auszuüben."

2) Was bedeutet ein Impeachment für Trumps Zukunft?

Trump scheidet mit der Vereidigung seines demokratischen Nachfolgers Joe Biden am 20. Jänner automatisch aus dem Amt. Aller Voraussicht nach wird eine Entscheidung in dem Amtsenthebungsverfahren erst nach dem Ende von Trumps Amtszeit fallen.

Neben der Amtsenthebung sieht die Impeachment-Resolution allerdings auch vor, dass Trump für künftige Regierungsämter gesperrt werden soll. Damit würde ihm eine etwaige Präsidentschaftskandidatur 2024 verwehrt. Deswegen wäre das Impeachment-Verfahren mehr als ein symbolischer Schritt. Führende Demokraten hatten außerdem argumentiert, es sei wichtig, ein Beispiel zu setzen, um Trumps Vorgehen zu verurteilen und damit auch ähnlichen Verfehlungen künftiger Präsidenten vorzubeugen.

3) Warum schauen jetzt alle auf die Republikaner im Senat?

Im Senat wird entschieden, ob Trump am Ende des Amtes enthoben wird oder nicht. Der Senat nimmt in einem Impeachment-Verfahren die Rolle eines Gerichts ein. Für eine Verurteilung Trumps wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig - mindestens 67 Senatoren müssten dafür stimmen. Republikaner und Demokraten haben beide jeweils 50 Sitze in der Kammer. Die Demokraten müssten also, selbst wenn sie geschlossen für Trumps Verurteilung stimmen, mindestens 17 Republikaner auf ihre Seite ziehen.

Vier Senatoren, die Trumps Vorgehen scharf kritisiert und zum Teil sogar dessen vorzeitigen Rückzug gefordert haben, gelten bereits als potenzielle Abweichler. Könnten noch 13 weitere mitmachen? Für Aufsehen sorgte ein Bericht der "New York Times", wonach der oberste Republikaner im Senat, Mitch McConnell, das Impeachment-Verfahren für gerechtfertigt halte und sogar froh darüber sei, weil sich die Republikanische Partei auf diesem Weg von Trump lossagen könne. Würde der mächtige Frontmann den Republikaner intern oder sogar öffentlich seinen Daumen über Trump senken, dürften einige Parteikollegen folgen. Dann könnte Trump tatsächlich eine Verurteilung drohen.

McConnell stand jahrelang streng an Trumps Seite, agierte als dessen verlängerter Arm im Senat. Trumps Feldzug gegen den Wahlausgang wollte McConnell zum Schluss aber nicht mehr mittragen. Der Sturm auf das Kapitol habe der Beziehung der beiden den Rest gegeben, berichten US-Medien unter Berufung auf McConnells Umfeld. In einer Nachricht an seine Senatskollegen erklärt der Republikaner am Mittwoch nach übereinstimmenden Berichten, dass er noch unentschieden sei, wie er abstimmen werde. Eine beachtliche Ansage.

4) Was sagt Trump zum Amtsenthebungsverfahren?

Der scheidende US-Präsident Donald Trump hat das von den Demokraten angestoßene zweite Amtsenthebungsverfahren gegen ihn als eine "Fortsetzung der größten Hexenjagd in der Geschichte der Politik" bezeichnet. Das Verfahren sei "absolut lächerlich" und gefährlich für das Land.