"Die Priorität meiner Regierung ist es, den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union zum 31. Jänner abzuschließen", sagte die 93-jährige Monarchin Königin Elizabeth II. am Donnerstag bei der Zeremonie zur Eröffnung der neuen Sitzungsperiode des Parlaments.

Nach dem Abschluss des Brexit-Verfahrens werde sich die Regierung um "die künftige Beziehung mit der EU auf der Grundlage eines Freihandelsabkommens" kümmern, das "dem ganzen Königreich zu Gute kommt", kündigte die Königin an. Die Zeremonie war schlichter gehalten als sonst üblich, weil die Königin schon beim Amtsantritt der vorherigen Regierung Johnsons im Oktober eine Thronrede gehalten hatte. Diesmal trug sie keine Königskrone, sondern einen mintfarbenen Hut und Mantel.

Zentrale Vorhaben

Zu den zentralen Vorhaben der Regierung Johnsons zählt eine gesetzliche Verankerung staatlicher Zahlungen an das Gesundheitssystem (NHS). Johnson setzt sich damit von der Linie seiner konservativen Vorgänger ab, die sich durch einen Sparkurs auszeichneten. Der National Health Service soll nun ausgebaut werden. Ausländischen Fachkräften soll ein beschleunigtes Einwanderungsverfahren eröffnet werden. Die Migration insgesamt soll über ein Punkte-System gesteuert werden.

Für das eigene Heim soll es bei Bedürftigen einen Bestandsschutz geben, wenn sie Sozialleistungen erhalten. Für Gewaltverbrechen einschließlich terroristischer Anschläge soll es längere Haftstrafen geben. Die Festlegung auf die Klimaneutralität bis 2050 wird bekräftigt.

Das neu gewählte Parlament in London war am Dienstag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengekommen. Am Freitag will die Regierung den Abgeordneten das mit der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen vorlegen, damit Großbritannien wie von Johnson geplant Ende Jänner die EU verlassen kann.

Übergangsperiode

Johnson hatte mit seinen Konservativen die Wahl vor einer Woche klar gewonnen. Nach dem Inkrafttreten des Brexit-Abkommens soll es eine Übergangsperiode bis Ende 2020 geben, in der die Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien weitgehend unverändert bleiben. In dieser Zeit soll das Freihandelsabkommen ausgehandelt werden.

Die Fixierung Johnsons auf den Brexit hat in Schottland die Kritik an der seit mehr als 300 Jahren bestehenden Union mit England und Wales angeheizt. Regierungschefin Sturgeon bezeichnete es vor Journalisten in Edinburgh als einen klaren "demokratischen Fall", dass es nun eine neue Volksabstimmung geben müsse. Sturgeon verwies darauf, dass ihre Schottische Nationalpartei (SNP) bei der Parlamentswahl von den 59 in Schottland zu vergebenden Mandaten 47 errungen hat.

Volksabstimmung der Schotten

Es sei "unbestreitbar" erforderlich, die Schotten in einer Volksabstimmung über ihre Zukunft entscheiden zu lassen, sagte Sturgeon. Die Schotten hätten es durch ihr Wahlverhalten "sehr klar" gemacht, dass sie nicht von einer konservativen Mehrheit unter Premierminister Johnson "aus der Europäischen Union herausgenommen werden" wollten. Dies sei allerdings die vorhersehbare Zukunft, sofern die Schotten nicht "die Alternative der Unabhängigkeit in Betracht" zögen.

Sturgeon erwartet von der Regierung in London die Vollmacht zum Abhalten eines Referendums. Es ist jedoch nicht absehbar, dass sie diese erhält. Johnson sagte zu dem Thema mehrfach, eine solche Abstimmung könne nur "einmal in einer Generation" abgehalten werden.

2014 hatten bei einer Volksabstimmung in Schottland 55 Prozent für den Verbleib im Vereinigten Königreich gestimmt. Damals war aber noch nicht absehbar, dass die Briten bei einem Referendum 2016 mehrheitlich für den Brexit stimmen würden. In Schottland wurde der Brexit von 62 Prozent der Abstimmungsteilnehmer abgelehnt.