Der irische Chefdiplomat gibt sich nicht einmal Mühe, übermäßig diplomatisch zu sein. „Wir unterzeichnen oder unterstützen keinen Deal, der auf einer Lüge oder einem Bluff basiert und ein Thema in unbestimmte Zukunft schiebt“, sagt Vizepremier und Außenminister Simon Coveney in Dublin vor Journalisten aus Deutschland und Österreich und ergänzt dann nach einer Pause, in der er tief Luft holte: „Und nicht ohne eine fest vereinbarte Garantie der britischen Regierung, an der Boris Johnson beteiligt ist.“ Wenige Minuten zuvor war die jüngste Botschaft vom britischen Premierminister von der einen Insel zur anderen hinübergeschwappt. Kontrollen auf der irischen Insel werden nach einem Brexit Realität sein, sagte Johnson in einem Interview mit der BBC. Er werde ein „sehr gutes Angebot“ machen. Erwartet wird dies in seiner Rede beim Parteitag seiner konservative Tories heute in Manchester.

In der Nacht zuvor hatten bereits Papieren aus London in Dublin die Runde gemacht, nach denen Johnson eine Zollabfertigungszone zwischen der britischen Provinz Nordirland und der Republik Irland zur Beendigung des Brexit-Streits vorschlägt. Diesen Plan hatte der Tory-Chef zwar zunächst in Teilen dementiert, dann aber im Interview betont, „ein souveränes vereintes Land muss ein einziges Zollterritorium haben“. Und Johnson betonte erneut, dass das Vereinigte Königreich am 31. Oktober die EU verlasse. Er bestehe vor allem auf die von seiner Vorgängerin Theresa May mit der EU vereinbarten Garantieklausel für eine durchlässige irisch-nordirische Grenze. Dieser Backstop müsse aus dem Abkommen gestrichen werden.

Brüchiger Frieden in Nordirland

Auf die Frage, was er vom letzten Angebot halte, reagierte Conevey sichtlich genervt: „Es ist schwierig vom letzten Wort Johnsons zu sprechen, weil er laufend sein Wort ändert.“ Die Vorschläge wies er als unzureichend zurück, man erwartete ein „ernsthaftes und realistisches Angebot“. Bei einer Lösung mit Kontrollen befürchtet die Regierung in Dublin ein Wiederaufflammen des Nordirland-Konflikts zwischen protestantischen Unionisten und katholischen Nationalisten, der nach Jahrzehnten voller Gewalt und mehr als 3800 Toten erst durch das Karfreitagabkommen 1998 befriedet werden konnte. Daher drängt Dublin auf eine Lösung, die eine harte Grenze vermeidet. Denn Kontrollpunkte waren während der Troubles, wie der Konflikt auf der Insel genannt wird, häufige Anschlagsziele.

Für den Fall eines No-Deal-Brexit müssten zwei Ziele zur selben Zeit erreicht werden, betont Coveney. „Erstens müssen wir den Friedensprozess und die Wirtschaft so gut wie möglich schützen und zweitens für die übrigen EU-Länder die Integrität des Binnenmarktes sichern.“ Wenn es zu Probleme komme, wären sie jetzt eindeutig von der britischen Regierung verursacht, die einen No-Deal-Brexit ausgelöst hätten, betont der Vizepremier. „Sie haben dann ihr Versprechen gebrochen, dass sie die Garantie übernehmen, keine Grenzeinrichtungen auf der irischen Insel entstehen zu lassen.“ Das sei, so mahnte Coveny, allein Johnsons Entscheidung.